Trailrunning: Auerspitz - RW - Hochmiesing

Winni Mühlbauer - Trailrunning - hier: Hochmiesing - 14.8.19


14.08.19
JJ1 was here
Winni

"Mit dir würde ich gerne ein Bier trinken und ratschen" sage ich, "aber wenn du ..."

Auch diese 3-Gipfel-Tour beginne ich hinter Bayrischzell im schönen Ursprungstal, am Wanderparkplatz Beim Schweren Gatter (848m). Am Ende habe ich 22,7km und 1470hm zurückgelegt. Vier Autos nur zähle ich an diesem guten Tag fürs Wandern. Vielleicht liegt es am langen Anmarsch zum Auerspitz (Wanderzeit 3 Stunden), oder an seiner Bescheidenheit im Schatten der Rotwand. Beides ideal fürs Trailrunning, zumal als Runde über den Soinsee zu laufen und nebenbei den ein oder anderen Gipfel mitzunehmen.

Es ist kühl. Eine Wohltat. Gleich zu Beginn geht es steil und holprig auf der alten Fahrstraße bergan zum Silberghaus, einem Nobelschuppen, den ich nach gut einem Kilometer und 200hm erreiche. Raus aus dem Wald laufe ich jetzt den sanft ansteigenden Forstweg hoch und entdecke bald links drüben die wilden Nordabbrüche des Hinteren Sonnwendjochs und der Krenspitze. Eine Tour, die noch in meiner Schublade liegt. Jetzt erstmal weiter in Richtung Auerspitz. Unterhalb eines offenen Almgeländes am Bergrücken der Maroldschneid passiere ich die Wirthsalm. Zwei Teenager, weiblich, hocken in der Wiese und machen Pause. Und eine Serie toller Fotos von mir. Mir fällt es schwer, mich zu entscheiden. Welches Foto, wohlgemerkt!

Nach der Sandbichleralm habe ich dann endlich einen Trail unter den Füßen, der weiterhin sanft ansteigt. Der Himmel über mir ist zugezogen. Ein Wechsel zwischen dunklen und weißen Wattewolken. Vor mir an einem steilen Grashang dann die Wunden einer abgegangenen Lawine. Mit gedrosseltem Tempo drüber weg. Wenig später und nach bisher 6 gelaufenen Kilometern wird es steil. Der Aufstieg zum Auerspitz beginnt. Holzbohlen helfen, eine schrofige Stelle zu überwinden. Ich erreiche den Grat und nach gut 150hm den felsigen Gipfel (1811m) mit seinem kunstvoll geschmiedeten Kreuz. So klein der Gipfel auch ist, die Rundumsicht ist großartig. Drüben das Hintere Sonnwendjoch, nordwestlich die Rotwand und der Hochmiesing, verbunden durch den Miesingsattel. Rechts tief unten der Soinsee und darüber die Zacken der Ruchenköpfe. Ein beliebter Kletterfels, der aber auch über die kaum bekannte und versteckte Schnittlauchrinne relativ leicht zu besteigen sein soll, so erfahre ich wenig später.

Links unten die Kümpflalm. Hier wurde am 26.6.2006 ein Flüchtling aus Südtirol mit zwei Schüssen niedergestreckt, JJ1. Ein von den Einheimischen nicht gern gesehener Badegast im Soinsee, dem man es nicht verübeln kann, sich hierher verirrt zu haben. Wer schon mal hier war, weiß um die Reize dieses Bergidylls. Abschuß im Juni, just vor der touristischen Hochsaison. Heute kann man JJ1, bekannt als Bruno der Bär, im Münchner Museum Mensch und Natur bewundern. Mit knapp 1000hm im Sack freue ich mich auf das, was noch vor mir liegt und von hier aus gut zu sehen ist. Was ich allerdings nicht sehe: Batz, Wasserlöcher, rutschiger Fels, direkt vor meiner Nase, beim Abstieg und Queren hinüber zur Kümpflscharte.

Zu faul, mir meine Stöcke vom Rucksack zu pflücken - dachte, es wäre nur ein kurzes Stück - balanciere ich in Begleitung eines älteren Herren über glitschige Steine, stapfe durch Wassermulden und Schlamm in Richtung Rotwand. Wir kommen ins Gespräch, bleiben vor den Ruchenköpfen stehen, während er mir die Schnittlauchrinne da hinauf schmackhaft machen will. Es beginnt zu tröpfeln. Ich verrate ihm, dass ich lieber laufe als klettere, und schon zählt er weitere Touren auf und ich höre zu. Aber die Zeit! "Mit dir würde ich gerne ein Bier trinken und ratschen" sage ich, "aber wenn du noch rüber willst zum Jägerkamp, sollten wir weitergehen." Er ist Gipfelsammler und will, wie letztes Jahr schon, 170 verschiedene Gipfel besteigen. Heraufgekommen war er von Geitau und möchte über den Rauhkopf, die Aiplspitz rüber zum Jägerkamp. Und zurück. Das ist fürs Wandern hübsch weit. Fluchend und Lachend rutschen wir weiter und erreichen die Kümpflscharte. Hier trennen sich unsere Wege. Er macht sich auf zum Miesingsattel, auf mich wartet die Rotwand.

Vorbei am Rotwandhaus - erstaunlich wenig los - nehme ich das kurze Stück zum Gipfel in Angriff. Die Fernsicht leider nicht so toll. Egal, der Hochmiesing ist gut zu sehen. Die Vorfreude wächst. Geschwind geht es die Autobahn vom Gipfel hinunter zum Rotwandhaus und zurück zur Kümpflscharte. Dort beginnt eine landschaftlich reizvolle Querung unterhalb der günen Rotwand hinüber zum Miesingsattel. Hinter mir die Ruchenköpfe, vor mir der Hochmiesing und rechts der weite Blick hinunter in Richtung Soinsee. Traumhaft schön. Auch die Rotwand von Westen aus gesehen. Auf den Pfad allerdings muss ich achten, denn der ist anfangs verblockt und schlammig. Hochmiesing 40 Minuten lese ich bald. Oben am Sattel ist die Zeit auf 30 Minuten geschmolze. Jetzt braucht's nur noch einen g'scheiten Trail hinauf, denke ich mir, und der Wunsch wird erfüllt. Mit den Stöcken, die es nicht gebraucht hätte, geht es durch Latschengassen und freies Gelände hinauf. Ein Steinmännchen, fast schon ein Schlumpf, blickt stoisch geradeaus.

Ich erreiche den flachen weitläufigen Gipfel, der zum Herumstrolchen und Panoramengucken einlädt. Im Westen der Breiten- und Wendelstein, im Osten die Rotwand mit den anschließenden schrofigen Flanken. Schön hier. Warum nur bin ich nicht schon früher hier hoch? Ich verweile, stärke mich und laufe wieder hinunter. Ein Abzweiger am Sattel bringt mich zum dunkelgrünen Soinsee. Ich tauche ein in den lichten, von Felsen durchsetzten Bergwald. Petri Heil, wünsche ich dem Angler, der unzufrieden ist mit seiner heutigen Fangquote: "Das Hochwasser, da beißen sie nicht". Von ihm erfahre ich, dass es gleich am Ende des Sees über eine schmale Brücke aus flachen Holzstämmen in Richtung Silberghaus geht. Nach dem Brückerl beginnt am See entlang der Einstieg zu den Ruchenköpfen. Ich aber muss durch den Wald ein Stückchen hochlaufen und erreiche bald das riesige Almgelände der Soinalmen. Dieses befindet sich in einem langgezogenen ost-westlich ausgerichteten Hochtal zwischen Maroldschneid im Süden und Gamswand im Norden.

Vorbei an mehreren Gebäuden geht es erstmal noch über einen Pfad weiter bergab, dann aber hat die Romantik ihr Ende gefunden. Ich lande auf einem Forstweg, von dem ich nur weiß, dass er mich weit hinunter zu einem Gatter bringen wird, von dem aus es dann nochmal drei Kilometer sind, bevor ich eine Kreuzung erreiche, an der ich links abbiegen muss, um zum Silberghaus zu kommen. Das Gatter kommt und kommt nicht, bis es dann doch noch kommt. Die weiteren drei Kilometer ziehen sich wie Kaugummi. Was mich tröstet, ist der ständige Blick auf den Kleinen und Großen Traithen, wo ich vor kurzem unterwegs war. Endlich das Silberghaus. Von dort geht es die letzten 200hm hinunter, etwas ruppig, gut für die Konzentration.

Meine Erwartungen an diese Runde wurden übertroffen. Hinauf zum Auerspitz hat es gut laufbare Singeltrails. Die Landschaft unterhalb der Rotwand ist fantastisch, und die Trails rauf zum Miesing und dann hinunter zum Soinsee sind fein. Statt über die Soinalmen zu laufen, könnte die Alternative zwischen Abstieg nach Geitau und dem elendig langen Forstweg zum Silberghaus die bessere Wahl sein. Gelaufen bin ich sie nicht.

Bis bald.
In the meantime: Kalmah - Take Me Away


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Blick vom Auerspitz auf Rotwand, Miesingsattel, Hochmiesing


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