Trailrunning: Altmühltal - Kipfenberg - Arnsberg

Winni Mühlbauer - Trailrunning im Altmühltal 31.3.17


31.3.17
Im Herzen Bayerns
Winni + Christian

"Wir drangen tiefer und tiefer ins Herz der Finsternis. Es war sehr still dort". Joseph Conrad, Herz der Finsternis. Still war es auch bei uns, wenngleich wir nur im Herzen Bayerns unterwegs waren. Bei idealen Bedingungen: Die traumhaften Trails trocken, die Bäume noch nicht belaubt. Gute Lichtverhältnisse also, um Wurzeln und andere kleine Hindernisse gut zu erkennen. Technisch schwierig sind die kilometerlangen Trails ohnehin nicht, so dass man hier gut Ultras laufen könnte. Bei uns waren es heute immerhin 35km und 900hm, meine TomTom zeigte sogar 1220hm an.

Aber was sind schon Zahlen. Hauptsache man ist flowig unterwegs, hat Spaß dabei und gönnt sich zwischendurch auch mal Pausen, um, so wie heute, die weitläufige herrliche Landschaft an einem sommerlichen Frühlingstag zu genießen.

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Flow: Ganz in einem Erlebnis aufgehen, ohne an etwas anderes zu denken oder von irgendwas abgelenkt zu
sein. Das Ich löst sich auf, man wird Teil dessen, was man gerade macht. Auch beim Laufen auf Pfaden versinkt
man in einer genussvollen Tätigkeit (nicht bei einem Wettkampf), bei der sich die Zeitwahrnehmung auflöst.
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So vergehen auch heute wieder die Stunden wie im Flug. Bevor wir in Kipfenberg (1816 Einw.) auf dem Parkplatz vor dem Helios-Klinikum starten, besuchen wir noch den "Grünen Topf" am Ortseingang, eine Karstquelle mit frischem Wasser für unterwegs. Jetzt, am späten Vormittag, ist es noch angenehm kühl, und das ist gut so, denn kaum gestartet geht es über den Kressensteig steil hoch zur Burg Kipfenberg. Die lassen wir rechts liegen und erreichen nach gut einem Kilometer den geografischen Mittelpunkt Bayerns, gekennzeichnet durch einen Gedenkstein. Parallel zur Verbindungsstraße von Kipfenberg nach Gelbelsee laufen wir auf einem Trail noch einen guten Kilometer weiter, bevor es in einem großen Bogen zurück in Richtung Kipfenberg geht. 100m vor Trailende stehen wir an einer Absperrung. Wir wundern uns, laufen aber weiter und sehen dann die Bescherung: große Gesteinsbrocken liegen auf der gesperrten Straße. Der Frost hat aus den für das Altmühltal typischen Felsformationen oberhalb der Straße große Teile herausgesprengt. (Möglicherweise waren es auch Felsarbeiten, wie auf der jetzt gleich verlinkten Seite erwähnt.)

Mit Variationen laufen wir heute den 26km langen Schlaufenweg 16, der mit blau-gelben Schildern und der Zahl 16 gekennzeichnet ist. Wer ohne GPS unterwegs ist, kann sich gut daran orientieren.

Wir queren die Straße, nehmen einen weiteren Trail unter die Füße, der uns leicht ansteigend auf einen Höhenrücken bringt, der parallel zum Birktal verläuft. Im weiteren Verlauf geht es über den Husarensteig zur Arndhöhle, die wir nach gut 11km erreichen. Nach einem weiteren Kilometer erreichen wir Attenzell. Wir verlassen den Wald und damit einen abwechslungsreichen Trail entlang an Felsen, vor allem aber verlassen wir den Schatten und landen in der Sonne. Mir raubt das Energie, ebenso das Laufen auf Asphalt, und diese 2,5km kommen mir wie eine Ewigkeit vor; das Gegenteil von Flow. Aber kaum wieder im Wald mit seinem Halbschatten und zurück auf Trails, kommt die Energie zurück. Diesen Wechsel habe ich heute wie selten zuvor gespürt. Das lag sicher auch an den hohen Temperaturen, an die ich noch nicht gewöhnt bin.

Unterwegs bin ich mit einem eigentlich schon ausrangierten Schuh, dem Skechers GObionic Trail, den ich aufgrund seiner Leichtigkeit und niedrigen Sprengung, vor allem aber wegen seiner großen Zehenbox gerne auf längeren leichten Strecken laufe. Christian nimmt den Schuh nach dem Lauf in Augenschein und schüttelt den Kopf. Der hat ja keinen Grip mehr und ist an der Ferse schon völlig abgelaufen, da bist du ja mit Minus-Sprengung unterwegs. Minus?! Na prima, das nenne ich Natural-Running pure.

Nach gut 15 Kilometern nähern wir uns dem südlichsten Punkt unserer Runde und erreichen das Schambachtal, das idyllische Seitental der Altmühl. Über den Dachssteig und Rauchenbergsteig laufen wir auf weiterhin tollen Pfaden, die einen Vergleich mit solchen im Gebirge nicht scheuen müssen, in Richtung Arnsberg. Bei Kilometer 21 erreichen wir den Nonnenstein, einen großen Fels mit Kreuz, dem man nachsagt, es sei ein kraftvoller Ort. Kraft können wir nach dem Halbmarathon bis jetzt gut gebrauchen. Einen Pfad finden wir nicht, also ab durch die Mitte und steil hinauf durch knöcheltiefes Laub. Oben an der Kante blicken wir weit über das ganze Tal. Links Gungolding, rechts Arnsberg, direkt unter uns die Altmühl, die sich gemütlich dahinschlängelt, und gegenüber ein weiteres Highlight unserer heutigen Trailrunde: das Naturschutzgebiet Gungoldinger Wachholderheide. Bis dahin sind es nochmal zwei Kilometer in der prallen Sonne, da die nächste Brücke über die Altmühl in Arnsberg liegt. Dieser Ort mit 364 Einw. ist bei Mountainbikern und Wanderern sehr beliebt und bekannt durch das Arnsberger Schloss, das auf einem steilen Dolomitfelsen hoch über Arnsberg thront.

Wir aber werden erstmal angezogen von dem kühlen Nass der Altmühl, mit dem wir unsere heissgelaufenen Körper herunterkühlen. Das brauchen wir auch, weil der folgende Trail auf einem Abschnitt des Altmühltaler Panoramawegs (kurzes Video) durch die Wacholderheide keinerlei Schatten bietet, die Temperatur nochmal zugelegt hat und die Luft trocken ist. Wind weht schon lange keiner mehr, die Blauthermik vom Morgen ist schon wieder eingeschlafen. Diese zwei Kilometer meist bergan durch die Heide mit ihren großen Wacholderbüschen sind traumhaft schön und lassen die Hitze vergessen. Dennoch haben wir die erste offizielle Wasserstelle im Blick (einmal haben wir uns vom Wasserhahn im Vorgarten bedienen dürfen), um Trinkrucksack und Trinkflasche aufzufüllen. Dazu müssen wir wieder hinunter zum kleinen Friedhof kurz vor Gungolding.

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Wasserversorgung: Auf dieser Runde empfiehlt es sich, als Selbstversorger mit Trinkrucksack unterwegs
zu sein, da es auf den bewaldeten Anhöhen keine Quellen gibt und die kleinen Ortschaften nahezu wie
ausgestorben sind. Mal jemand in seinem Garten anzutreffen ist ein Glücksfall.
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Nach 25km zapfen wir also Wasser im Friedhof und machen uns auf, die letzten 10km anzugehen. Die ersten drei davon bis nach Ziegelhof sind wir überwiegend in der Sonne unterwegs, danach folgen zwei kleinere Anstiege im Wald, die uns auf eine Anhöhe über Böhming bringen, wo wir zum ersten Mal wieder Kipfenberg sehen. Hier oben hat der Drachenfliegerclub Ingolstadt einen anspruchsvollen Startplatz, da relativ klein und in einer Schneise liegend. Das schreibe ich auch, um zu zeigen, dass die Anhöhen im Altmühltal keine Hügelchen sind. Die Trails auch hier wieder vorzüglich.

Auf dem weiteren Weg erreichen wir den rekonstruierten Limeswachtturm von Kipfenberg, damit aber keineswegs das baldige Ende unserer Runde, denn Christian verrät mir, dass wir weiterhin auf tollen Trails noch ein Stück an Kipfenberg vorbeilaufen. Wieder geht es hinunter und wir queren eine Hauptstraße am Ortseingang von Kipfenberg. Danach nehmen wir nach 31km unseren letzten Anstieg in Angriff, der uns in einer großen Schleife zum nördlichsten Punkt der Runde oberhalb von Grösdorf bringt, und von dort hinunter und über eine Brücke in den Stadtpark und zurück zum Auto. Klappe auf, Hintern auf die Ladekante ... zisch! Selten hat uns warmes Bier und als Nachspeise Quark besser geschmeckt als heute. Happy und zufrieden sind wir ohnehin.

Die Runde war lang, und Dank Christians Hartnäckigkeit haben wir endlich seinen Plan umgesetzt, dem ich ein wenig skeptisch gegenüberstand, weil ich schon wieder in die Berge wollte. Dort aber liegt noch zu viel Schnee. Das Altmühltal aber war mehr als nur ein Ersatz: Die langen Trails sind technisch einfach und ideal zum Herumfetzen, der sich immer wieder öffnende Blick auf die grandiose Landschaft, die viel Ruhe ausstrahlt, sorgt zwischendurch dafür, dass auch das Herz nach Anstrengung ein wenig baumeln und der Körper Energie tanken kann. Nicht nur der Nonnenstein ist ein kraftvoller Ort, dieser Teil des Altmühltals ist es auch. Vielleicht auch noch andere? Wir jedenfalls kommen wieder.

Hier der Track: Kipfenberg - Schambachtal - Gungolding

Bis zum nächsten Mal.
In the meantime: Sam Riggs - The Lucky Ones

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