Trailrunning - Wank - 7.5.16

Winni Mühlbauer Trailrunning am Wank - 7.5.16


7.5.16
Ohne zu wanken
Winni

In letzter Sekunde schalte ich meinen Rechtsblinker wieder aus und bleibe auf der Autobahn Richtung Garmisch. Ob der weiß, wo er hin will, mag sich der hinter mir Fahrende gedacht haben, als ich an der Ausfahrt Murnau/Kochelsee vorbeirausche. Zum Herzogstand, wie geplant, jedenfalls nicht, denn der Heimgarten war oben noch mit Schnee beladen. Und vom Schnee habe ich inzwischen genug. Gelinde ausgedrückt. Auf dem Grat dürfte dann auch noch das ein oder andere Häufchen Winterkacka liegen. Bald ist Pfingsten, und da sind sie bestimmt von der Sonne weggefressen. Guten Appetit!

Obwohl heute Samstag ist, sind erfreulich wenig Autos unterwegs. Das fing schon in München an. Um 10:30 Uhr fuhr ich los, und um kurz nach 12 Uhr bog ich in Partenkirchen auf den kostenlosen Parkplatz der Gaststätte Schützenhaus unterhalb der Talstation der Wankbahn. Mit ein paar Eckdaten im Kopf machte ich mich vollgepackt auf den Weg. Bei diesem herrlichen Wetter natürlich nicht alleine. Viele drängt es hinauf, die meisten gondeln. Am Parkplatzende der Wankbahn nehme ich die steile Direttissima unterhalb der Bahn in Angriff und erreiche den Klettergarten. Ab hier zieht sich in Kehren ein Forstweg zur Mittelstation hoch. Immer wieder bleibe ich stehen und schaue hinüber zum Zugspitzmassiv, zum Längenfelder Lift dort und zur Bergstation der Alpspitzbahn, wo im Juni beim ZUT wieder tausende von Trailrunnern den letzten Aufstieg nehmen, bevor es auf dem knackigen Jägersteig hinunter ins Ziel nach Hammersbach geht. Auch hinüber zum Kramer schaue ich, wo ich im Juli einen meinen schönsten Trailläufe gemacht habe.

Heute dagegen nur der Wank. Aber was heisst schon nur! Die Saison hat noch nicht richtig begonnen, da ist dieser nahezu schneefreie Berg höchst willkommen, um die Kondition aufzupeppen und die Natur zu genießen. Nach der Mittelstation, die eigentlich Erstes-Drittel-Station heissen müsste, beginnt ein Bilderbuchwanderweg. Nicht gerade das, was ein Trailrunner wirklich sucht, aber auch nicht schlecht. Es kommt halt, wie's kommt, und er nimmt's, wie er's nehmen kann. Mal im Laufschrift, mal schnell gewandert. Die Kehren ziehen sich, aber das Schild nach der Mittelstation, auf dem die Zeit zum Gipfel mit 2 Stunden angegeben ist, ist definitiv für langsame Wanderer gedacht. Diese Zeit ist diesem Berg geschuldet, der oben einen rollatorgeeigneten Panoramaweg aufweist, von wo aus der Blick auf's Wetterstein nun wirklich grandios ist. Und so lockt dieser Berg ein sehr gemischtes Wandervölkchen, vom Anfänger bis Genusswanderer.

Auf meinem Weiterweg nach oben hatte ich ein Bild im Kopf, und genauso kam's: Omas und Opas, Kinderwägen und Buggys, alle waren sie da, ausgespuckt aus den Gondeln. Mag man es ihnen verdenken? Nein. Lange mussten sie auf so einen schönen Tag warten, und Recht haben sie, heute hier hoch zu kommen, egal wie. Und während sie alle hinüberblickten zur Zugspitze, schaute ich in die entgegengesetzte Richtung. Der Bischof, der Krottenkopf und der Hohe Fricken, wie aufgereiht leuchteten diese Gipfel des Estergebirges in der Sonne und zeigten sich von der sanften Seite. Erinnerungen kommen hoch. Was für ein Tag war das am ersten Tag der Winterzeit 2015!
Ich flaniere auf dem Panoramaweg zum Abflugplatz der Gleitschirmflieger und schaue ins Karwendel ... und werde von Wehmut übermannt ... ohne zu wanken. Noch immer sind die Erinnerungen an meine Touren im Karwendel präsent. Jeder Pfad, jeder Gipfel und auch die dazugehörenden Glücksgefühle. Auch das ist Trailrunning.

Frohen Herzens geht es nach einer kleinen Pause und ein paar kräftigen Schlucken aus meiner Pulle weiter, erstmal zum Gipfel hoch und dann hinüber zum Eckenberg, von wo aus ein versteckter Singletrail hinunter zur Mittelstation führen soll. Ganz bleibt mir der Schnee auch heute nicht erspart, aber die wenigen Felder liegen rasch hinter mir. Zwei Wanderer kommen mir entgegen. Sie zeigen mir nicht nur, wo der kaum sichtbare Pfad beginnt, sondern verraten mir auch, dass er schneefrei und trocken ist. Bei feuchter Witterung rät Thomas Bucher in seinem Buch für Speedhiker davon ab, zu laufen, da er sich in eine erdige Rutschbahn verwandelt.

Statt auf einer Rutschbahn laufe ich einen tollen Singletrail den Bergrücken hinunter, oft an der Kanten entlang, wo ich immer wieder stehen bleibe und mal nach Farchant und mal hinüber nach GAP schaue. Dieser Trail hat nur wenige Wurzeln und kaum felsige Passagen. Dafür ist er an manchen Stellen so schmal, dass ich immer wieder einen Ast ins Gesicht bekomme. Und das allerbeste: ich bin hier allein unterwegs. Nur eine Wanderin kommt mir entgegen.

Unterhalb der Mittelstation ist es leider vorbei mit der Gaudi, und es geht auf einem Forstweg weiter. Ich erreiche die Daxkapelle, die ich zum Glück beim Hochlaufen ausgelassen habe. Nach wenigen Minuten passiere ich den Parkplatz der Wankbahn, der bis oben hin vollgestopft ist mit Wohnmobilen, zwischen denen es sich Faule in der Sonne gut gehen lassen. Wenn man seine Nasenlöcher und Augen geschlossen hält, ist es ja auch wurscht, wo man liegt. Meine Augen dagegen erspähen auf dem Weiterweg eine Tafel mit der Aufschrift "Kaffee und Kuchen 4,50€". Die Tafel steht am Eingang zum Parkplatz vom Schützenhaus, und ich denke mir: "Parken, Kaffee und Kuchen für 4,50", das ist fair und genau das, wonach mir der Sinn nach diesem tollen Ausflug steht, und meine Leber freut es auch. Hinter mir liegen etwa 11km und 980hm.

Bis zum nächsten Mal.
In the meantime: David Crowder Hoedown: I Saw The Light I & ll Fly Away

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