Vom Tegernsee zum Schliersee und zurück: 23.11.14

Winn Mühlbauer - Trailrunning 23.11.14 Vom Tegernsee zum Schliersee - und zurück. Neureuth - Gindelalm - Huberspitz - Hennerer - Gindelalm ...


23.11.14
Hamwa ned
Winni

Ich stehe in der kargen Halle des Tegernseer Bahnhofs, der 1902 im Heimatstil mit Zierfachwerk erbaut worden ist. Erst dachte ich, Fahrkarten gibt es nur am Automaten, dann aber las ich, dass der Schalter am Sa. und So. von 5:20-15:00 Uhr und 15:25-23:00 geöffnet hat. Ich also rein und mich angestellt. Bald war ich dran: "Einmal Schliersee und zurück". Die ältere Dame antwortet freundlich: "Gerne, es geht aber über Holzkirchen, dort müssen Sie umsteigen". "Nein, bitte nicht Holzkirchen", winke ich ab, "ich möchte über die Neureuth". "Hamwa ned, die BOB ist keine Seilbahn", sagt sie und schaut mich schräg an. Ich schaue schräg zurück und sage: "Na gut, dann mache ich das eben zu Fuß." Und draußen war ich.

Dieser 23.11.2014 war ein Tag voller Überraschungen, und die erste gab es gleich am Anfang. Erst aber zur Orientierung. Wieder parkte ich mein Auto etwa 200m nach dem Bahnhof, unterhalb eines im Jugendstil erbauten Schlösschens, dem Hotel Bayern. An dessen Tor laufe ich links vorbei. Nach wenigen hundert Metern erreiche ich einen Bergpfad, den Bayernweg. Diesen laufe ich auch heute nicht, ich möchte nochmal den steilen und wurzeligen Sommerweg hoch (Der Bayernweg dürfte ähnlich sein). Nach weiteren zwei-, dreihundert Metern bin ich dort. Viele Wege führen auf die Neureuth (Berggasthof Neureuth), verdammt viele. Wenn ich das nächste Mal hierher komme, nehme ich meinen Rechenschieber mit, um herauszufinden, wie viele genau (Wer jetzt meint, vom Stichwort Rechenschieber mein Alter ableiten zu können, der irrt, ich bin nicht alt, nur manchmal altmodisch ;-)).

Jedenfalls ist es eine feine Sache, dass es so viele Wege und Pfade gibt zwischen dem Tegernsee und Schliersee, hoch über Gmund, Tegernsee-Stadt und Rottach-Egern, die allesamt gut ausgeschildert sind. Ich bekomme jedesmal leuchtende Augen, wenn ich auf die DAV-Karte BY 15, Mangfallgebirge Mitte, Spitzingsee, Rotwand, gucke. Von Nord nach Süd habe ich hier schon einiges abgeklappert, heute soll es von West nach Ost gehen. Natürlich war die Einleitung mit dem Ticketkauf erfunden, die Öffungszeiten aber stimmen. Und vielleicht ist es gut wissen, dass man als Münchner mit der BOB zum Tegernsee fahren und auf kilometerlangen Pfaden und Wegen nach Schliersee laufen und von dort aus je zur vollen Stunden nach München zurückfahren kann. Oder noch besser: Du kannst dich auf den vielen Trails zwischen dem Tegern- und Schliersee austoben, und egal wo du runter kommst, die BOB bringt dich zurück nach München.

Die erste Überraschung des heutigen Tages war, dass der gesamte Sommerweg jetzt Ende November trocken war. Keine Überraschung dagegen war es, dass ich hier wieder fast alleine unterwegs war. Wer die Neureuth kennt, der weiß, welcher Trubel hier an sonnigen Tagen herrscht. Möglich, dass Trailrunner diese Ecke hier aus diesem Grund meiden - und sich damit um ein großes Vergnügen bringen. Wohl die meisten Besucher dieses beliebten Ausflugsziels auf 1263m fahren mit dem Auto den halben Berg hinauf und gehen dann die letzten 400 Höhenmeter auf dem kinderwagentauglichen Winterweg. Dort sind sie für uns gut aufgeräumt, und wir haben auf den Trails freie Fahrt. In zahlreichen Serpetinen führte mich der Sommerweg durch den Wald, und weit oben erreiche ich den breiten Westerhofweg (noch einer). Hier ist schon ein bisschen mehr los, dafür hält dieser obere Abschnitt ein besonderes Schmakerl für Trailrunner bereit - vor allem downhill: Bergauf auf der linken Seite führt ein paar Meter neben diesem Weg ein butterweicher Singeltrail durch den Wald, über dessen flache Wurzeln man toll hinwegfegen kann. Dieser Downhill-Trail zusammen mit dem folgenden Sommerweg gehört mittlerweile - neben dem vom Heimgarten zum Walchensee - zu meinen liebsten Wegen bergab, vielleicht auch, weil die Bäume links und rechts nur so an einem vorbeifliegen.

Am Ende dieses Trails endet der Wald, und schon öffnet sich der Blick auf die Neureuth und die Promenade hoch zu ihr. Bis auf den Winterweg kommen hier alle anderen Wege zusammen, entsprechend viel ist hier los. Auf der Neureuth angekommen, kann man über die Sonnenterrasse latschen, oder sich hintenherum gleich auf zum nächsten Ziel machen, die Gindelalm. In leichtem Auf und Ab geht es locker dahin. Höhenmeter macht man hier keine, die Hütte liegt etwa auf gleicher Höhe wie die Neureuth. Hier hatte ich etwa die Hälfte des Weges hinüber zum Schliersee geschafft. Den weiteren Verlauf habe ich im Kopf, nur keine Vorstellung davon, was mich erwartet. Ich befürchtete aber, viel Forstweg. Den Berg hinunter und wieder rauf möchte ich als Runde laufen, und da ich weiß, dass von Schliersee hoch der Weg zum Hennerer (Hennererhof, Hofladen, Ferienwohnungen etc.) asphaltiert ist, laufe ich nördlich über den Berggasthof Huberspitz 1048m. Und hier Überraschung Nr. 2: Direkt von hier führt ein weiterer Traumtrail hinunter, ein Jägersteig. Er ist zwar ausgeschildert (1 Std. Schliersee, erinnere ich), aber doch zu übersehen, wenn man hintenherum weiterläuft und nicht zu dem Bänkchen vor dem Gasthof geht. Einer weiteren Orientierung bedarf es dann nicht mehr, weil auf diesem Pfad ein Wegweiser kommt, der mich direkt nach Breitenbrunn führt, von wo aus es wieder hoch gehen sollte.

Als ich unten aus dem Wald herauslief, wurde es warm, kein Lüftchen war zu spüren. Ein blätterloser Baum ragte in einen wolkenlosen Himmel, weit dahinter die Kirchturmspitze. Breitenbrunn empfing mich in friedfertiger sonntäglicher Ruhe und Milde, und für einen Moment dachte ich, ich sei im Paradies. Vielleicht waren es auch nur die Endorphine.

Mit Wärme und Freude im Herzen mache ich mich auf zum Hennerer. Unterwegs reißt es mich. Etwas in mir hatte die Handbremse gezogen. Ich stehe im kalten Schatten, schaue auf einen kleinen Weiher, dessen kahle Bäume gerade noch von der Sonne beschienen werden, bevor diese wenig später hinter dem Berg verschwindet. Ungläubig blicke ich auf die Wasseroberfläche ... drehe meinen Kopf, in dem es sich zu drehen beginnt ...

Ich schaue auf die Uhr. Ein Stunde über Mittag. An diesem Fleckchen ist es saukalt. Etwas weiter oben in der Sonne ziehe ich mich um und nehme einen Happen zu mir. Nach dem Hennerer führt ein Wanderweg zurück zur Gindelalm. Es ist ein Forstweg, wie ich ihn mag. Mit einer Steigung von 15-20 Prozent ist er eine Herausforderung für mich, weil ich diese Steigung in kleinen Schritten gerade noch laufen kann. Nach etwa einer halben Stunde bin ich wieder auf der Gindelalm, und einer weiteren viertel Stunde auf der Neureuth. Und auch das ist eine Überraschung: Wir haben den 23. November, es ist etwa 14 Uhr Winterzeit, und hier oben scheint der Frühling ausgebrochen (Claudia, da musst du jetzt durch): Auf der Terrasse ist kein Platz mehr frei. Die Biere in den Gläsern leuchten golden und eng an eng sitzen junge und alte, Kind und Kegel, und natürlich viele Paare. Paare und Singles sitzen und liegen auch auf den umliegenden Wiesen, ein Kleinkind kuschelt an seine Mama. Irgendwie ist das alles nicht wahr heute. Vexier?

Ich aber will weiter, auf den angesprochenen Downhill, der etwa fünfhundert Laufmeter unterhalb der Neureuth beginnt, und mich zurück zum Tegernsee führt.

Letzte Überraschung: Es war zwar viel Verkehr, dennoch ging es um 15:30 UHr relativ flott nach Hause.

Strecke zusammengefasst: Tegernsee-Bahnhof - Sommerweg zur Neureuth - Gindelalm - Huberspitze - Breitenbrunn am Schliersee - Hennerer - Gindelalm - Neureuth - Sommerweg zum Tegernsee. Macht in etwa 24km und ca. 1200 Höhenmeter.

Hier noch zur Foto-Webcam vom Wallberg mit Blick auf den Tegernsee und rechts die Neureuth - >>>aufs Foto klicken und hineinzoomen.

Bis zum nächsten Mal.
In the meantime: INSOMNIUM - One For Sorrow

Trailrunning: Tegernsee - Schliersee: 23.11.14

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