Trailrunning am Tegernsee - 24.3.15

Winni Mühlbauer - Trailrunning am Tegernsee Vom Tegernsee bis fast Schliersee - 24.3.14


24.3.15
Depressive Verstimmung?

Nö, ist mein Ding nicht!
Winni

Spontanität will gut geplant sein, und so lagen meine Utensilien und Klamotten - fürs Laufen, für die Wechselzone und für danach - schon seit Tagen im Wohnzimmer auf dem Boden herum, auf einem Haufen. Erst wenn's los geht packe ich alles ein und gehe im Kopf nochmal durch, ob ich auch an alles gedacht habe. Meist fehlt dann doch irgendwas. Warum ich keine Checkliste mache? Weil ich das Denken nicht verlernen will. Und weil es beim Trailrunning meist egal ist, wenn etwas zu Hause geblieben ist: die Freude, die Konzentration und die Kraft, die ich von der Natur bekomme, machen kalte Hände oder nasse Füße Vergessen.

Eigentlich wollte ich gestern schon spontan sein, da mir aber die Bilder von der Foto-Webcam vom Wallberg nicht wirklich gefielen, vertagte ich. Das Wetter am Dienstag sollte nicht schlechter sein als heute. Ganz so sonnig, wie versprochen, war es ab dem frühen Nachmittag dann leider doch nicht. Zum Leid Vieler, die über Tegernsee Stadt unterwegs waren.

Angezogen fast wie im Sommer bin ich gegen 11 Uhr losgelaufen, mit den Wintersachen im Trinkrucksack und der Idee im Kopf, g'schwind nüber und wieder rüber zu laufen, pendeln zwischen Tegernsee und Schliersee, denn sehr viel kürzer mag ich schon fast nicht mehr laufen.

"Besonders in den dunklen Wintermonaten habe ich während der vergangenen Jahre oft unter düsterer Stimmung und unter Müdigkeit den ganzen Tag gelitten", lese ich unter der Überschrift "Depressive Verstimmung, Müdigkeit" in dem soeben erschienenen Büchlein "Chia. Fit und schlank mit der Powernahrung der Azteken". Von einer Freundin bekam Yvonne dann den Tipp, es mit Chia zu versuchen. Und siehe da: Jetzt kann sie sich wieder richtig freuen, fühlt sich frisch und leistungsfähiger.

Müdigkeit kenne ich gut, depressive Verstimmung aber ist nicht so mein Ding. Auch ich esse seit Anfang März täglich zwei Esslöffel Chiasamen, weiche diese in etwas Sanddorn- und Apfelsaft auf. In wenigen Stunden steht mir dann ein Gel mit hohem Vitamin-C-Gehalt zur Verfügung samt all den kleinen Könnerlein, die in Chia stecken. Und was die können und mit mir angestellt haben, lässt sich kurz zusammenfassen: ich bin wacher und leistungsfähiger geworden. Es ist also doch was dran, an der Kraftnahrung aus Mittelamerika (ganz liebe Grüße dorthin, gemütlich war's auf dem Bankerl :-).

Frisch gehafert und angereichert mit den wertvollen Inhaltsstoffen von Chia starte ich also in die neue Saison und hoffe, dieses Jahr meinen ersten Ultra-Trail zu laufen. Noch aber halten sich Zähneklappern und geballte Faust in etwa die Waage. Das Geheimnis um Chia und die Verbesserung der Ausdauerfähigkeit ist kurz erklärt: Inhaltsstoffe (welche?) schaffen eine Barriere zwischen den Kohlenhydraten und den Verdauungsenzymen und verlangsamen dadurch die Umwandlung von KH zu Zucker. Dadurch wird diese Energie leicht verzögert im Körper freigesetzt. Das ermöglicht eine längere Ausdauerleistung (Quelle: Chia, Dr. Günter Harnisch; Mankau Verlag). Ob's denn wirklich nur daran liegt? Kann gut sein, denn der Effekt von Maltodextrin ist ein ähnlicher. Dennoch werde ich mir meine bisherigen Nahrungsergänzungsmittel auch weiterhin zuführen: Weißbier, Butterbreze und Nougat-Nuss-Aufstrich. Nein, liebe Claudia, Marshmallows zähle ich immer noch nicht dazu ;-).

Wie immer gut gelaunt und voller Vorfreude gings einmal mehr in der Nähe des Tegernseer Bahnhofs los. Eigentlich wollte ich nochmal auf einen anderen Berg, aber alle, die auch sonnige Abschnitte zum Laufen bieten, beispielsweise der Wank, schieden aus, da die Schneefälle am Wochende doch to much waren. Von der sonnenexponierten Lage der Hänge über Tegernsee versprach ich mir, dass der Bayer- und Sommerweg gut laufbar sein sollten. Gut laufbar? Nein, es war ein Traum! Der Bayernweg war lediglich feucht und nur ganz oben ein kurzes Stück bazig. Ich roch schon den Sommer, als ich diese wurzeligen Serpentinen hochlief - und landete im Winter. Kaum war ich oben aus dem Wald, lag auch schon ziemlich dicke Schnee. Noch mehr Schnee, aber anfangs noch gut laufbar, gab es gleich nach der Neureuth. Je mehr ich mich der Gindelalm näherte, desto tückischer wurde jeder Schritt. Die Oberfläche des gespurten Pfads schien optisch fest, die tiefen Löcher aber ließen mich vorsichtig werden. Ein paar Mal bin ich aber dann doch durchgebrochen und mein Bein versank fast bis zum Knie im Schnee.

Von der Gindelalm aus sollte es diesmal den teilweise ruppigen Forstweg zum Hennerer runtergehen, am Fischweiher in Breitenbrunn vorbei und dann den Jägersteig hoch zur Huberhütte. Ich hoffte, unterwegs jemanden zu treffen, der mir sagen konnte, wie die Bedingungen dort sind. Das einzige aber, worauf ich traf, war ein über den Weg gespanntes Verbotsbanner. Forstarbeiten. Nein, nicht schon wieder was Verbotenes tun, und schwupps schlupfte ich darunter durch. Richtig verboten ist es ja nicht, mit diesem Hinweis ist die Gemeinde nur aus der Verantwortung, wenn etwas passieren sollte. Dennoch nahm ich erstmal meine Ohrstöpsel raus und hörte, ob unmittelbar in der Nähe gefällt wurde. Nur Stille! Auch mal schön. Ich lief weiter, über dicken und nassen Schnee, patschte durch Rinnsale, und hin und wieder gings auch über trockene Passagen - mit inzwischen nassen und kalten Füßen. Statt meinen Speedcross 3 lief ich den Sense Mantra, denn ich wollte langsam die Sprengung zurückfahren. In diesem Fall von 12 auf 6. Und wo waren meine Gamaschen? In München geblieben. Und wo meine wasserdichten Socken? Die kuschelten sich an die Gamaschen. Wurscht! Kalte Hände plus kalte Füße geteilt durch heiße Musik ergibt lauwarm.

Die Baumfällarbeiten hatte ich bereits vergessen, entsprechend unvermittelt tat sich dann die Barriere auf, etwa 100Hm vom Hennerer entfernt. Zahlreiche querliegende Baumstämme, dazu ein kreischendes Geräusch von weiter unten. Ok, ok, habe verstanden, dreh ja schon brav um. Noch einmal muss ich nicht auf den Holzweg, und Mikado mit Baumstämmen konnte ich noch nie leiden. Um so mehr freute ich mich schon wieder darauf, auf der anderen Seite - der aufgeheizten - zum Tegernsee hinunterzulaufen, über den Bayernweg. Ganz zum Schluß ging es noch gemütlich zu einer besonderen Adresse - hier aufgewachsen zu sein, muss harmonisch und schön gewesen zu sein.

Als ich den Bayernweg mit einem großen Schuß an Endorphinen runtergepest bin, wusste ich, wohin mich meine nächsten Touren führen werden: wieder hierher. Dann aber laufe ich den Sommerweg hoch, den Bayernweg runter, ihn wieder hoch, dann den Sommerweg runter. Und das mache ich solange, bis ich keine Körner mehr habe - zweimal sind ca. 900Hm im Auf- und Abstieg. In dieses Paradies für Trailrunner komme ich solange, bis der Schnee auf den anderen Bergen weg ist, denn bald wird da nichts mehr zu laufen sein. Den Jochberg jedoch, den werde ich mir nochmal genauer vorknöpfen. Auch zu ihm führen viele Wege hoch und wieder runter, beispielsweise der sehr lange in die Jachenau. Hier zweimal rauf und runter zu laufen, das gefiele mir bestimmt auch.

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