2-Gipfel-Tour: Jochberg und Herzogstand - 15.3.15

Winni Mühlbauer - Winter Trailrunning - 2 Gipfel Jochberg und Herzogstand - 15.3.15


15.3.16
Fischfilet tiefgekühlt
Winni

Nicht ganz so weit weg, wie es die Epic-Pagan-Metal-Band Wintersun aus Finnland in Land of Snow and Sorrow besingt, gibt es auch hier ein solches Land, hochgelegen zwischen dem Kochel- und Walchensee.

Bayern 3: Das Wetter am heutigen Sonntag ist geprägt von der Hoffnung, dass die Computer-Modelle aufgehen und die Sonne die Wolken doch noch vertreibt. Um 11 Uhr am Kochelsee vorbei ist es noch diesig. Es geht die Kesselbergstraße hoch zum höchsten Punkt auf 850m. Dort gibt es einen viel zu kleinen Parkplatz, weswegen die meisten Autos wie an einer Perlenschnur aufgereit schon auf dem Weg dorthin fast auf der Straße stehen. An denen fahre ich vorbei, biege auf den Parkplatz, und, voilà, da hat genau noch eine Lücke auf mich gewartet. Ich steige aus. Über mir blauer Himmel. Der Tag beginnt gut.

Das Besondere an diesem Parkplatz ist, dass es von ihm aus links zum Herzogstand und rechts zum Jochberg hoch geht. Jetzt heißt es, sich zu entscheiden. Nicht für mich. Meine Idee für heute war, zuerst den steilen Jochberg hoch, dann wieder runter zum Auto zu laufen, mich dort zu laben und umzuziehen, und dann locker, sozusagen zum Auslaufen ;-) den relativ flachen, dafür langen Forstweg zum Herzogstand hinaufzulaufen.

Erstmal aber gings auf die andere Straßenseite. Ein paar Steinstufen, und schon beginnt ein knackiger Trail rauf zum Jochberg. Auch wenn er teilweise mit Schnee zugekleistert war, er war genial. Endlich wieder unterwegs auf einem echten Trail. Die Luft beim Einatmen eisig kalt. Der Fernblick etwas getrübt, der Blick hinunter zum Walchensee fantastisch. Das gute Gefühl oben am Anschlag. Ich wage den Blick hinüber zum Herzogstand - uiuiui! -, und beginne zu Relativieren. Jochberg rauf und runter 2 Stunden. Das ist beim Trailrunning relativ wenig. Am Auto frisch gestärkt und trockene Klamotten an. Neustart. Auf dem Wegweiser stand, Herzogstand 2:15 h. Also nochmal eine gute Stunde hoch. Auch das ist relativ wenig, nach der kleinen Erholungsphase. Die 45 Minuten runter gehen ohnehin fast wie von selbst. Macht mit Pause 2 Stunden. Passt, vier Stunden wollte ich insgesamt laufen.

Dachte ich noch hoch zum Jochberg, dass der Downhill augrund des Schnees schwierig werden würde, war ich rucki, zucki wieder unten. Richtig toll waren die schneebedeckten Kurven in den Serpentinen. Mit einer halben Drehung in der Luft landete ich in der neuen Richtung. Am Auto, das noch in der Sonne stand, behandelte ich sofort meine Verstauchung, die ich mir eben auf den 20 Metern Teerstraße aufgrund eines Tritts auf einen unsichtbaren Steins zugezogen hatte, mit dem genialen Voodoo Flossing; der leichte Schmerz wie weggezaubert. Rasch Oberkörper frei gemacht, abgetrocknet und zwei trockene Lagen an, daneben ein paar Macadamia-Nüsse und eine Banane reingeschoben, und weiter ging's .

So flach, wie erhofft, war der Forstweg dann doch nicht. So lang, wie gedacht, erst recht nicht. Bald war er verschwunden, begraben unter Massen an Schnee. Dafür gab es eine wenig frequentierte Skipiste. >>>bergfex.de meint dazu: "Das kleine Skigebiet am Herzogstand bietet Ihnen Skifahren wie es ursprünglicher nicht sein kann: Auf reinem Naturschnee erwarten Sie gut präparierte Pisten und eine unverfälschte Natur. Hier finden Sie die Ruhe, die Sie in den Mega-Skiregionen vermissen". Ich war unterwegs im Land der einsamen Skifahrer, Schneeschuhläufer und Schneehasen.

"Das Prinzip des Laufens besteht darin, den Körper während des Laufens in eine Position zu bringen, in der möglichst viel Energie in die Vorwärtsbewegung fließt und möglichst wenig Energie in andere Richtungen verpufft. Man spricht in diesem Zusammenhang von Laufstil.", stand am 17.5.10 unter der Headline "Der Stil führt zum Ziel" in der Süddeutschen Zeitung online.

Leute, ihr habt ja keine Ahnung. Welchen Laufstil ich auch anwendete, es ging oft gar nicht vorwärts. Die Energie, die ich in die Vorwärtsbewegung steckte, drückte den Schnee nach hinten weg. Oben auf dem letzten Stück der Piste, dem Anfang der Skiabfahrt unterhalb der Herzogstand-Hütte, rutschte ich immer wieder ein Stück runter. Steigeisen wären da gut gewesen. Um ehrlich zu sein, hätte ich mir nicht in den Kopf gesetzt, unbedingt diese beiden Gipfel zu machen, ich wäre auf halber Strecke umgedreht. Gründe gab es. Aber, wie an anderer Stelle in diesem Blog erwähnt, Gründe haben keine Macht über mich. Auch wenn mein Plan in keinster Weise aufging, und das Bergauflaufen in Trippelschritten, auch Slow-Hiking genannt, durch meist tiefen und schweren Schnee sehr anstrengend war, nach 1:45 Stunden waren die 7,5km und 840Hm bis zum Gipfel im Sack. Ganz allein stand ich am Kreuz. Über mir blauer Himmel. Unten Kochel- und Walchensee. Noch einmal überkamen mich Glücksgefühle. Die Zehen allerdings spürte ich kaum mehr. Auch wenn mein Salomon Speedcross 3 gute Arbeit geleistet hatte, jedenfalls bis dorthin, wo er passen musste, die leichte Membran hat dann doch irgendwann die Nässe durchgelassen. Da ich zudem meine Gaitors, immer noch unbenutzt, vergessen hatte, kam auch Schnee von oben rein. Meine Füße kamen mir vor wie Fischfilets aus der Tiefkühltruhe.

Noch ein paar Meter weiter, und ich landete vor dem Pavillon, für eine Nacht im Herbst das Schlafzimmer von Herrn Denis (Herausgeber des Magazins TRAIL). Am späten Nachmittag über den Grat kommend war er hier gelandet, um zu übernachten. Gegen 4 Uhr ist er dann mit Stirnlampe los- und hinunter gedüst, um rechtzeitig gegen 8 Uhr morgens am Schreibtisch zu sitzen.

Treten sich im Sommer hier am höchsten Punkt des Herzogstands die Wanderer und Liftfahrer gegenseitig auf die Zehen, so sah ich heute keine Menschenseele. Blöd. Konnte schon niemand ein Foto von mir vor dem Kreuz machen, so sollte es auch hier nicht möglich sein. Hüstel! Hä, hörte ich richtig? Tatsächlich, im Shelter saß ein freundlicher Mann, den ich mit meiner Bitte um ein paar Fotos aus seiner Teestunde riss. Alle Fotos wurden super, auch dank des blauen Himmels. Und Rot macht sich auf jedem Foto gut.

Zuletzt riskierte ich noch einen Blick auf meinen Lieblingsgrat hinüber zum Heimgarten. So weit ich sehen konnte, war niemand unterwegs. In mir kam Vorfreude auf den Mai oder Juni auf. Und mit ihr die Vorfreude, jetzt endlich den langen beschwerlichen "Weg" hinunterlaufen zu dürfen. Wieder mit ein paar halben Drehungen ging es erstmal die Serpentinen hinunter, dann den sonst breiten Forstweg, der heute ein schmal gespurter Trampelpfad war. Die kurze aber sehr steile Piste, die ich hoch gekommen war, forderte mich zu neuen Bergablauftechniken heraus, denen ich erst noch Namen geben muss. Eine könnte man seitliches "Der-untere-Fuß-rutsch-der andere-arbeitet-wie-beim-Tretrollerfahren" nennen. Die Hosenbodenvariante kennt jeder. Dann aber lief es wie geschmiert, auch die Filets tauten langsam wieder auf. Immer wieder der Blick auf den Jochberg, der von Mal zu Mal höher wurde. Bald tauchte die Kesselbergstraße unter mir auf. Ich war stolz auf mich. Ich trank eine warme Tasse Kaffee, blickte auf die Stoppuhr, fünfeinhalb Stunden. Zuhause wartete ein halber Kuchen auf mich. Der Tag endete gut.

Heute fand auch der Westparklauf statt. Vor einem Jahr nahm ich noch teil und ärgerte mich bei milden Temperaturen und Sonnenschein darüber, dass ich meine 10-Kilometer-Bestzeit nicht verbessern konnte. Wie bescheuert! Das eine wie das andere.

2-Gipfel-Tour: Jochberg + Herzogstand - 15.3.15

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Und immer wieder der Blick zum Herzogstand - und zurück zum Jochberg

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Blick vom Herzogstand: ganz links der Jochberg


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