Wintertrailrunning: Vorderriß - Staffel - Jachenau

Winni Mühlbauer - Winter Trailrunning Vorderriß - Staffel - Jachenau: 16.2.17


16.2.17
Der Unauffällige
Winni + Christian

Als ich am Abend die GPS-Daten meiner TomTom auslese, weiß ich, warum ich heute richtig platt bin. Von der Jachenau aus gut zu sehen, dennoch unscheinbar, steht da frei ein nahezu bis zum Gipfel bewaldeter Bergkegel: Der Staffel, gerademal 1532m hoch. Auf unserer Jachenau-Runde vis-à-vis schwärmte Christian vom ihm, was ich nicht nachvollziehen konnte. Wer aber schon mal oben war, der weiß, warum: Noch beim Aufstieg trittst du aus dem Wald, und das ganze Karwendel baut sich vor dir auf. Oben dann großes Kino. Ein umwerfender Rund-um-Panoramablick.

Dass man an diesem Berg und um diesen Berg herum 1400 Höhenmeter laufen kann, erstaunte mich sehr. Die Planung von Christian war: Vorderriß - Rißsattel - Luitpolder Alm - Staffel Westseite - Staffel Ostseite - Jachenau (Bäcker) - Westflanke des Staffels - Vorderriß.
Gesamtstrecke: 21 km.

Aber alles schön der Reihe nach. Auf der Fahrt vom Sylvensteinspeicher nach Vorderriß schauen wir immer wieder auf die Südhänge und freuen uns wie ein Schneekönig. Kein Schnee mehr. Wir parken gegenüber dem Gasthof Post Vorderriß in der Sonne und machen uns fertig. Es ist kurz nach 10 Uhr. Wir laufen über die Isar-Brücke und erreichen nach 100 Metern den Anstieg hoch zum Rißsattel. Wer mit einer Nähmaschine umgehen kann, der kennt den Zickzackstich. In diesem kurzgetakteten Zickzack geht es nach 2 Minuten Warmlaufen los. Richtig steil (2km/420hm). Ich kenne keinen Trail, der sich in solch kurzen Serpentinen einen steilen Hang hinaufschlängelt. Heute in der Sonne und nahezu schneefrei. Nach weiteren 5 Minuten schon ist der Tiefblick hinunter ins Rißtal und auf das Vorkarwendel mit dem Schafreuter überwältigend. Weiter geht es steil hinauf zum Sattel.

Sind wir eben noch in der Sonne auf trockenem Pfad gelaufen, stecken wir jetzt mehr als knöcheltief im lockeren Schnee. Wir haben den Sattel erreicht. Im lichten Wald liegt kniehoch der Schnee, unberührt, mal abgesehen von Wildspuren. Ich laufe voraus und spure für Christian, der seine Gamaschen ... Ich laufe wieder mit meinem Merrell All Out Terra Ice mit Membran und trage doppellagige Trailsocken, die nur in diesen Schuhen passen, weil ich sie eine halbe Nummer zu groß gekauft habe. So hüpfen und laufen wir durch den Wald durch tiefen Schnee, meist bergab, tiefer und tiefer hinein in eine bezaubernde Winterlandschaft.

Dieses Laufen in unberührter Natur fernab von Menschen macht nicht nur Spaß, es stiftet innere Ruhe und ein Hochgefühl. Dieses bleibt uns noch eine ganze Weile erhalten, denn nach dem Sattel geht es über eine ebenmäßige von walddunklen Hängen umschlossene Hochmulde zur Luitpolder Alm. Einen riesigen weißen Teppich aus Schnee hat Frau Holle hier ausgelegt, und einmal mehr finden Christian und ich uns wieder in einem Wintermärchen. Von der Sonne gewärmt laufen wir butterweich über diesen unberührten Press-Schnee und genießen jeden einzelnen Schritt.

Nach insgesamt drei Kilometern erreichen wir die Luitpolder Alm (1121m), eine stattliche, sehr eigentümlich gebaute Hütte, die almwirtschaftlich und als Einkehr in den Sommermonaten genutzt wird. Vor dem westlichen Eingang befindet sich ein Brunnen, der gut und reichlich Wasser spendet. Wir verweilen hier kurz und lesen die Zitate über den Fenstern, Christian füllt seine Flasche nach. Dann laufen wir weiter, gleiten dahin über unberührten Schnee, tauchen dann ein in ein Wäldchen, das uns in einer Talmulde unterhalb des Stafftels nahe der Lainer Alm wieder ausspuckt. Vor uns der Unauffällige, der vortäuscht, im Vorbeigehen ebenmal so mitgenommen werden zu können.

Die zwei Kilometer und 400hm zum Gipfel sind fast so steil wie der Anstieg hoch zum Rißsattel. Und wieder laufen und stapfen wir auf der Westseite des Staffels den größten Teil durch lockeren Schnee. Zudem geht es über eisige Passagen, die Christian, der ohne Spikes läuft, doch ein paar zusätzliche Körner kosten. Der Mühe Lohn ist aber bald ein weiteres Highlight dieser Tour. An einem steil geneigten Hang kommen wir aus dem Wald und blicken auf die schneebedeckten Gipfel des Karwendels, die vom Blau des Himmels gesäumt sind. Endlich verstehe ich Christians Schwärmereien vom Staffel.

Jetzt müssten wir aber gleich auf dem Gipfel sein, denke ich, und liege falsch. Nochmal geht es durch den Schnee ordentlich Höhenmeter nach oben, dann aber ist nach 7,5km das erste Etappenziel dieser Staffelumrundung erreicht. Oben angekommen sprechen wir erstmal nicht mehr miteinander, sondern genießen schweigend die Aussicht. Hier der Karwendel, dort der Herzogstand und Heimgarten, der aus dieser Perspektive keinen Grat hat. Links davon der Simetsberg, ebenso wie der Staffel ein frei stehender Berg mit tollem Rundumblick. Der Jochberg nahezu schneefrei, ebenso der Hirschhörnlkopf. Ohne Adleraugen gut zu erkennen, dass auch die gegenüberliegende Seite unterhalb der Benediktenwand nahezu schneefrei ist, unsere sogenannte Jachenaurunde, die wir für die nächste Zeit ins Auge fassen. Die Rappinschlucht hoch und dann irgendwo auf Traumtrails in dieser schönen Gegend herum.

Erstmal aber müssen wir hier weitermachen. Auf der Ostseite des Staffels geht es hinunter, und endlich hat es Spuren und ein paar apere Stellen. Aber auch immer wieder tückische eisige Fleckchen. Insgesamt geht es mit viel echtem Trail unter den Füßen auf etwa 4km stramme 750 Höhenmeter hinunter in die Jachenau in Richtung Bäcker, einem Ortsteil dieser sonnenverwöhnten Gemeinde. Die Loipe glitzert in der Sonne und lädt zum Daraufherumsausen ein. Christian aber warnt. Es sei schon vorkommen, dass man Läufer deshalb auf dem Dorfplatz festgebunden und ausgepeitscht hat. Brav laufen wir auf einer eisigen und teils aufgetauten Straße dahin zum Ortsteil Fleck/Point, begrüßen dabei Papageien in der stürmischen Balz, trösten ein Männchen, das dem Weibchen nicht gut genug war, und laufen dann weiter, insgesamt gut 2 Kilometer.

Nach 14 Kilometern beginnen wir im Schatten den langen Anfstieg über die zugeschneite Fortstraße an der Westflanke des Staffels hinauf zur Hochmulde mit der Luitpolder Alm. Zum Glück war hier ein Fahrzeug mit fetten Reifen unterwegs, so können wir die Spur gut nutzen. Der Anstieg ist etwa 2,5km lang, kurz vor seinem Ende, nach 16km, haben wir den Staffel umrundet. Ein Stück hinter der Alm erreichen wir das winterliche Märchenland, stapfen am Rißsattel erneut durch tiefen Schnee, diesmal aufwärts, einen Kilometer weit, bevor es den zum Schwindlig werdenden trockenen Zickzack-Trail wieder hinunter geht nach Vorderriß. Heißer Ingwertee von Christian wartet auf uns, und das Gefühl, einmal mehr Freiheit inhaliert zu haben. Jedenfalls sind Christian und ich glücklich nach dieser abwechslungs- und erlebnisreichen Runde, und auch stolz.

Hier der Track: Vorderriß - Rißsattel - Staffel - Fleck - Vorderriß Trailrunning 21km / 1395hm


Bis zum nächsten Mal.
In the meantime: Stoney LaRue - Travelin' Kind

So geht es hoffentlich bald weiter: Vidoe: Trailrunning Münchner Berge



Staffel - der Unscheinbare

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Hochmulde nahe Luitpolder Alm


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