Trailrunning Tegernsee - 2 Gipfel-Tour - 29.11.14

Winni Mühlbauer - Trailrunning - 29.11.14 Tegernsee - Riederstein - Baumgartenschneid - Kreuzberg - Gindelalmschneid - Neureuth - Tegernsee


29.11.14
Trailrunning am Wattenmeer
Winni

Bei Nebel und Temperaturen um den Gefrierpunkt fahre ich in München los, bei Nebel und 1,5 Grad biege ich um 10:15 auf den Parkplatz in der Nähe des Tegernseer Bahnhofs ein. Mir graut vor dem Umziehen. Ich lege mir alles der Reihe nach hin: Zwei Thoni-Mara-Shirts, von denen jedes zwei dünne Schichten hat, ein langärmeliges Hemd aus Merinowolle, und darüber ein dünnes Trailshirt, der Optik halber. Macht insgesamt sechs Lagen. Dazu meine nahezu knielange Trailhose. Auch wenn die Temperaturen winterlich waren, auf die lange Tight konnte ich gut verzichten, wusste ich doch, was heute mein Ziel sein würde: die wärmende Sonne. Ansonsten alles offen.

Da mir "meine" Foto-Webcam (siehe unten) vom Wallberg mit Blick über den Tegernsee die Woche über gezeigt hatte, dass es über dem Nebel sonnig war und es auch keinen Tag weder geregnet noch geschneit hatte, wollte ich wenigstens zu einem Gipfel hoch. Zum höchsten hier, die Baumgartenschneid (1449 m). Da alle Wege da hinauf sehr trailig sind (Ausnahme das Alpbachtal mit seinem Prinzenweg), wollte ich erneut über den Galaun und das Riederstein-Kirchlein, eine kleine neugotische Kapelle auf dem 1207 m hohen Felssporn.

Vom Parkplatz aus ging es durch die Max-Joseph-Str. zum Gasthaus Schießstätte, und von dort Richtung Großer Paraplui. Kurz vor diesem Aussichtspunkt am Tegernseer Höhenweg kommen die gelben Täfelchen, und eines weist zur Baumgartenschneid (über Galaun). Hier begann dann endlich allerfeinstes Trailrunning, das noch fünf Stunden, mit kurzen Pausen, so weitergehen sollte. Noch war es saukalt. Gut, dass ich meine Handschuhe dabei hatte. Gleich zu Beginn zog der Weg ordentlich an, das Laub war nass und rutschig.

Dann der schönste Moment: Die Sonne drang durch die dünne Nebelschicht, es wurde heller, und das Laub unter meinen Schuhen raschelte, es war trocken, ich konnte es brechen. Der Blick auf das Meer aus Watte wurde frei, und über der wie mit einem Lineal gezogenen Wasserlinie ragte kulissenartig die Tegernseer Bergwelt in den blauen Himmel.

Mir wurde warm. Ich setzte mich auf ein in der Sonne stehendes Bänkchen, zog mein unterstes Hemd aus und verstaute es zusammen mit den Handschuhen in meinem neuen Trinkrucksack MT Extend 0-10 von Quechua (Gerne mache ich hier für diesen Rucksack im Westenschnitt und 2 Liter Trinkblase Werbung, denn er ist saugut und kostet nur 35,00 Euro; ist also günstiger als die Milch bei Aldi.) Dann schob ich die langen Ärmel nach oben und lief weiter. Auch zum Riederstein hoch gibt es, wie überall hier, mehrere Varianten, da es aber ausnahmslos Pfade sind, laufe ich frei Schnauze weiter und genieße das Springen über Wurzeln und Steine. Bald war ich am Berggasthaus Riederstein, das aber von den meisten immer noch Galaun genannt wird, was aus dem Keltischen kommt und "steiler Hang" heißt. Hoch über dem Gasthaus thront die Kapelle. Der Felssporn, auf dem sie steht, ragt etwa 150 Meter nahezu senkrecht über den "Steilen Hang" und ist ein beliebter Aussichtspunkt. Der knappe Platz vor der Kapelle bietet Platz für etwa 10 Personen, und jedesmal, als ich hier oben stand, war es rappel voll.

Zurück geht es über ein paar Stufen und felsigem Pfad, und wenige Meter weiter beginnt auch schon der Trail zur Baumgartenschneid. "1 Stunde" steht auf dem gelben Wegweiser, und ich freue mich auf die vor mir liegenden 200 Höhenmeter, auf denen es zum Ende hin immer steiler wird. Auf den letzten Metern kann einem schwindelig werden, nicht der Höhe wegen, sondern aufgrund der engen Schlangenlinie zum Gipfel, die sogar auf google earth gut zu sehen ist. Am Gipfelkreuz lasse ich ein Foto von mir schießen, genieße die Aussicht, noch mehr die Milde und Windstille. Ich überlege, wie ich weiterlaufen soll. Ein schönes Stück entfernt leuchtet die Riederstein Kapelle, und noch viel weiter auf dem gegenüberliegenden Höhenzug auf einer Lichtung wähne ich goldgelbes Bier in dicken Gläsern auf den Tischen der Neureuth. Zu blöd, dass ich so gut wie nie einen Boxenstopp auf Trails mache. Was mich in diesem Fall auch nicht juckt, denn die Verlockung, nochmal die Serpentinen des Sommerwegs nach Tegernsee hinunterzupesen, ist viel größer.

Die Etappen dorthin habe ich im Kopf, es geht über zwei weitere Gipfel, die ich als einen zähle, da der hintere nur 100 m höher liegt, auf einem Kamm. Dieser ist bekannt dafür, dass deren matschiger, sumpfartiger Boden das ganz Jahr über Schuhauszieherqualitäten hat. Aus meinem Kopfhörer tönt >>> Rocky Island von Ralph Stanley, also ab die Post. Jetzt nur nicht übermütig werden, denn einmal mehr überrascht mich die Baumgartenschneid: ob über den Galaun hoch zu ihr, oder jetzt die knapp 300 Höhenmeter runter zum Sagfleckl (1178 m), die Trails sind in meinen Augen perfekt, da technisch mittelschwer.

Schwer für mich scheint jedoch das Lesen von Wegweisern zu sein. Am Sagfleckl angekommen, geht es nach links, rechts und geradeaus. A bisserl deppert san die Schuidl ja scho angebracht, denke ich noch, und laufe geradeaus weiter - hier der >>> Link zu den Wegweisern. Und aus war's, mit Laufen. Nach 50 Metern war der Pfad zu Ende und es ging >>> steil nach oben. Eine ganze Weile schlug ich mich durchs Unterholz, ahnte, dass ich auf dem Holzweg bin, aber meine Neugierde war größer. Werde schon sehen, wie es dort oben weitergeht. Dann kam mir ein Pärchen entgegen, die meinten, dass es jetzt gleich sehr felsig wird, >>> auf dem Kreuzbergköpfl. Jetzt hatte ich auch verstanden, wie das von einem älteren Spaziergänger unten in Tegernsee im Nebel gemeint war, als er mir zurief, Flieger, grüß mir die Sonne. Nix da, ich drehte um. Unten angekommen entdeckte ich linker Hand zwanzig Meter weiter den Pfad, der mich zum Kreuzberg und zur Gindelalmschneid brachte. Nach Überquerung dieser und ihren mehrfachen Versuchen, mir die Schlappen auszuziehen, machte ich ein Foto vom Kreuz vor stahlblauem Himmel, schaute hinunter auf die Gindelalm, die schon im Schatten lag, und lief weiter zur Neureuth. In einer Viertelstunde war ich dort. Die sonnige Terrasse war noch gut besucht, aber lange nicht so voll wie eine Woche zuvor. Nochmal kurz umgezogen, wieder sechs Lagen, und weiter gings den Sommerweg hinunter und bald hinein in den Nebel. Zurück in die Kälte. Auch wenn es mir überhaupt nicht gefällt, aber auf die werde ich mich jetzt einstellen müssen.

Allerdings gibt es in Tegernsee-Stadt unterhalb vom Bahnhof das monte mare, eine Sauna direkt am See. Nicht gerade preiswert, aber der Gedanke, dort zu parken, dann zu laufen und hinterher zu schwitzen, der gefällt mir.

Warum nur bin ich danach nicht noch auf den Wallberg, und dann mit der Stirnlampe zu Tale gelaufen?
Schaut euch nur mal dieses >>> Foto-Webcam Bild an, und dazu die Temperatur und die Windstärke.

Bis zum nächsten Mal.
In the meantime: Scott Miller & The Commonwealth - Wild Things

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Trailrunning Tegernsee - 2-Gipfel-Runde - 29.11.14

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Besinnliches zum Jahresende

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"Der Sinn des Lebens ist die Jugend", hat Schlick geschrieben. Jugend jedoch,
insofern das Wort Bedeutung hat, ist keine Frage der Chronologie des biologischen
Alters. Die Falten im Gesicht schließen einen Menschen nicht zwangsläufig
aus dem Garten der Jugend aus.

Jugend ist überall da, wo Tätigkeit zum Spiel wird. Jugend ist überall da, wo
etwas um seiner selbst willen getan wird und nicht um irgendetwas anderem
willen. Jugend ist da, wo Hingabe zur Tat, nicht zum Ziel besteht.

Mit dieser Hingabe geht Freude einher, denn Freude ist nichts anderes als das
Erkennen von Wert, der dem Leben innewohnt. Und was dieses Leben erlöst,
ist der innere Wert, den wir darin finden, wenn wir wissen, worauf wir achten
müssen.
Mark Rowlands, Der Läufer und der Wolf
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