Trailrunning - Rotwand Reibn - 19.10.14

Winni Mühlbauer - Trailrunning - Rotwand Reibn 19.10.14


19.10.14
Adrenalin in der Warteschleife
Winni

Autobahnausfahrt Tegernsee - 9:30 Uhr sonntagmorgens: Mehr als einen Kilometer staut sich die Blech-Schlange vor der Ausfahrt, zweispurig, das heißt, 2 Kilometer Schlange, da es vorne einspurig wird. Mir egal, ich muss erst in Weyern raus. Dort kein Stau. Juhu! Kaum auf der Staatsstraße nach Miesbach, Stop and Go. Fünfundvierzig Minuten Humpelei auf vier Rädern nach Miesbach. Der Verkehrsfunk schaltet sich ein "Keine Meldungen. Auf Bayerns Straßen ist wohl nichts los". Endlich durch Miesbach durch und Richtung Fischbachau unterwegs, die nächste Meldung: "Zwischen Ausfahrt Weyern und Miesbach Stop and Go, hier sollten die Autofahrer Geduld mitbringen." Mitbringen? Wo bitte gibt's die? Ach ja, die gibt's gratis beim Warten auf der Post. Vorbei geht's am Winklstüberl, der Parkplatz übervoll. Auf den Rechnungen für lecker Kuchen wird dann stehen, was er und der Kaffee gekosten haben: knapp 7 Euro, 20 Nerven, 10 Vaterunser fürs Fluchen.

Jedenfalls wird so mancher im Stau, der eine Bergtour geplant hatte, im Auto gesessen sein und seinen Plan revidiert haben. Nicht so wir Trailrunner. Wir laufen notfalls auch mit einer Stirnlampe den Berg hinunter (wenn man sie denn dabei hat).

Heute endlich war die Rotwand Reibn dran, lange geplant, immer wieder verschoben. Gott sei Dank! Einen besseren Tag hätte ich nicht erwischen können. Großglockner, Großvenediger, Wildspitze (?) - zart und gezuckert leuchteten sie am Horizont, erhaben und schön. Schwer fiel es mir dann, mich vom Rotwand-Gipfel bei Sonnenschein, mehr als 20 Grad und mildem Lüftchen loszueisen.

Der Weg hierher begann in Geitau beim Segelflugplatz, führte mich vorbei am Soinsee, an der Großtiefenthal-Alm, den Ruchenköpfen und über die Kümpflscharte zum Rotwand-Haus. Hier ging es zu wie auf dem Jahrmarkt, wobei die meisten mit der Taubenstein-Seilbahn vom Spitzingsee hoch gekommen waren. Fesch warns, die Madln und Buam, eben jahrmarktsmäßig. Schwingendes Sommerröckchen, leichte Schuhe und Feinstrumpfhose sieht man nicht oft Mitte Oktober oben auf dem Berg. Aber zum Gucken darauf war ich nicht da, ich musste mich nach einem kurzen Abstecher zum Gipfel auf dem Höhenweg zwischen Rotwandhaus und runter zum Taubenstein-Haus konzentrieren. Auf dem letzten Stück war es sehr rutschig, auch bei einer exponierten Stelle mit Drahtseil, am Freitag hatte es mächtig geregnet. Nach dem Taubenstein-Haus windet sich ein langer steiler Forstweg nach unten, der meine Oberschenkel zum Glühen brachte und meine Bauchmuskulatur trainierte. Als ich wieder unten war fragte ich mich, wo ich soviel Zeit liegen hab lassen. Meine Stoppuhr zeigte fünf Stunden für die gut 20km lange Strecke an.

Sollte ich es heute tatsächlich geschafft haben, die Stimme, die mich meist drängt, weiterzulaufen, dort, wo es gilt, zu verweilen, ignoriert zu haben? Wahrscheinlich. Ich war mir heute allein genug. Nicht wie sonst, wo ich mir manchmal allein schon zu viel bin, weil hundert Ichs ihren Mund auf machen.

Bis zum nächsten Mal.
In the meantime: Whiskey Myers - Dogwood

Die Rotwand Reibn - links herum. 19.10.14

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Die Rotwand - höchster Berg im bayerischen Teil des Mangfallgebirges

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Blick vom Rotwand-Gipfel in Richtung Wilder Kaiser


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