Trailrunning - Tegernsee - 1.11.14

Winni Mühlbauer - Trailrunning am Tegernsee Über Tegernsee Stadt - 1.11.14


1.11.14
Flüssiger Schnee
Winni

Überflüssig sogar, der viele Schnee Ende Oktober in den niederen Lagen. So schön hätte es mit der Lauferei in den Voralpen noch weit in den November rein sein können, jetzt aber muss man sich entscheiden, laufen oder stapfen.

Die Idee für heute war, von Tegernsee Stadt aus via Neureuth, Gindel- und Kreuzbergalm nochmmal zur Baumgartenschneid zu laufen, und von dort über den Prinzenweg im Alpbachtal zurück. Los gings am kostenlosen Parkplatz oberhalb des Bahnhofs , über den Niggelweg, und dann gleich auf einem trockenen steilen Serpentinen-Pfad zur Neureuth hoch über Wurzelgebilde, wie ich sie vorher derart bizzar nur selten gesehen habe. Wie ich Wurzeln liebe! Bergauf! Bergab eher nicht, denn oft verwandeln sich die Seiten- und Nebenwurzeln in fiese kleine Monster, die nur darauf warten, einem Trailrunner ein Bein zu stellen. Vorbei an der Neureuth mit seiner Alles-was-der-Speiseplan-hergibt-in-sich-hineinspachtelnden-Masse auf der sonnigen Terrasse ging es gleich weiter zur Gindelalm. Auf dem Weg dorthin lag schon der erste Schnee, hin und wieder ging es durch knöcheltiefes Wasser. An der Alm selbst war der Sommer zurückgekehrt, und auf ein paar zu Scheiben geschnitten Baumstämmen sitzend, konnte ich die nassen Socken gleich wieder trocken.

Von der Gindelalm aus ist es ein Klacks zur Kreuzberghütte, und nochmal drei zur Baumgartenschneid. Wenn da nicht zwischen den beiden Almen ein Kamm läge, über den ich schon mal Ende August bin, dessen beide Hänge glatt wie Schmierseife waren und oben Bretter ausgelegt worden sind, damit der sumpfige Boden einem nicht den Laufschuh verschlucken kann. Laufen oder Stapfen und Waten. Da ich kein Trailstapfer bin, entschloss ich mich für den Um... Halt! Das Wort Umweg gibt es im Sprachschatz eines Trailrunners nicht, jedenfalls nicht, solange er nicht in einem Auto sitzt. Via Neureuth gings erstmal wieder hinunter nach Tegernsee Stadt zum großen Paraplui, und von dort einen tollen Pfad rauf zum Galaun mit seinem Berggasthof Riederstein und das darüber auf einem markanten Fels thronende Riedersteinkapellchen. Schwer fiel es mir, am Berggasthof vorbeizulaufen, hatte ich doch seit vier Stunden außer (zur Neige gehende) Apfelsaftschorle und einer Salz-Mineral-Kapsel nichts im Magen. Ich litt, und das wiederum passte dann doch, denn zur Kapelle hoch gibt es alternativ zum Pfad einen Kreuzweg, der über unzählige Natur-Stufen führt. Leidend also und mit nicht viel mehr als Nichts im Bauch ging es auf die als "Schwer" gekennzeichnete Route. Schwer ist relativ, leiden auch, und so machte es einen Riesenspaß, die Stufen hochzuspringen. Bis zu jenem Moment, wo es aus meinem Kopfhörer >>>"Runde um Runde" der Pagan-Metal-Band Bifröst aus Salzburg dröhnte:

Wir trinken hier am runden Tisch,
gar furchtlos fürchterlich Gemisch`
Hier wollen wir besoffen sein,
heut´ ist jeder mal ein Schwein!

Runde um Runde, es zählt jede Sekunde!
Wein um Wein komm her, schenk nochmal ein!

Nicht gerade passend auf einem Kreuzweg. Immerhin besann sich mein Walkman genau im passenden Moment kurz vor der Kapelle eines Besseren und spielte >>>"Glory Halleluja" von den Deep Dark Woods - voller Andacht lief ich die letzten Stufen hoch.

Above the clouds is where I'm bound
Hallelujah
I'm gonna wear the heavenly crown
Glory, Hallelujah

Nicht erfunden, war so! Ich dankte auf meine Weise. Ich kehrte der Kapelle nicht den Rücken, derart, wie es die anderen Besucher machten, um den fantastischen Ausblick auf und über den Tegernsee zu genießen, sondern wandte mich zur ihrer Rückseite, verneigte mich ehrfurchtsvoll und blickte dann hoch ..., und hielt den vielleicht schönsten Teil von ihr vor stahlblauem Himmel fest. Zu Hause, als ich diese Fotos ansah, entdeckte ich die Aura.

Kurz unterhalb des Riedersteins stand auf einem gelben Schildchen 50 Minuten, davor Baumgartenschneid. Lust hatte ich große, auch sind die etwa vierzig Minuten rauf und runter nicht viel, aber die Sonne stand schon tief, der Pegel in meiner Trinkblase war noch tiefer, und im Bauch hatte ich ein Loch. Also ab über den Prinzenweg durchs Alpbachtal runter und rüber zum Bahnhof. Am Auto angekommen, zeigte die Uhr 5:15. Holla, die Waldfee! Wie man sich doch die Zeit über Tegernsee-Stadt vertreiben kann! Gefühlt in der gleichen Zeit ging es dann im Stop and Go bis zur Autobahneinfahrt Holzkirchen. Vorher aber schob ich mir zwei große Stücke Marmorkuchen, zwei Bananen und a Brez'n hinein. Dazu gab's den restlichen Milchkaffee und aus zwei Wasserflaschen noch die Noagerl. Viel zu wenig Flüssigkeit, was sich bald rächen sollte. Bald nach der Kreuzstraße kam der ganz große Durst, und weil ich an der einzigen Tankstelle (war die überhaupt offen?) - bis München! - schon vorbei war, wurde der Durst nahezu unerträglich. Im Kofferaum zwei Flaschen Rotwein. Sollte ich es wagen? Verdursten, dehydriert in den Graben, oder besoffen an einen Baum. Keine guten Alternativen.

Dafür aber ein weiterer toller Tag in den Bergen und 1100 Höhenmeter mehr auf meinem Konto!
Woh hey, that's alright!


Trailrunning über Tegernsee Stadt - 1.11.14

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