Trailrunning: Achensee - Rofanspitze

Winni Mühlbauer - Trailrunning - Achensee Buchau - Dalfazalm - Rofanspitze


5.10.17
Summa 2.0 und viele Gruba
Winni

Auf der Fahrt nach Hause höre ich einen Tiroler Radiosender. Neil Diamond, Paul McCartney ... Immerhin. Viel besser als der Käse aus Deutschland. Dann der Moderator: In Innsbruck hatte es heute 26 Grad, morgen aber kommt ein Wettersturz, die Schneefallgrenze geht runter bis auf 1500m. Nichtmal im Traum hätte ich gedacht, die geplante Tour auf die Rofanspitze (2259m) dieses Jahr noch unterzukriegen. Vor zwei Wochen lag hier schon Schnee.

Sind Christian und ich Mitte August unsere große Rofan-Runde noch von Maurach aus gestartet, so wählte ich heute als Ausgangsort Buchau. Es war die bessere Wahl. Der Trail ist rassig, auch zum Runterlaufen. Allerdings sind die Parkplätze in Buchau rar. Um 10:30 Uhr stecke ich in den Schuhen und laufe voller Vorfreude los. Habe ich eben beim Umziehen in der Sonne noch geschwitzt, bringt mich ein Forstweg rasch auf einen schattigen Trail. Ausgeschildert "Dalfazer Wasserfall - Steig". Ich laufe über nasse Steine und Wurzeln, quere weiter oben den Forstweg, laufe auf dem Pfad weiter und lande linker Hand auf einem kurzen Trail, der zu einer Holzplattform am Wasserfall führt. Hübsch, aber nichts Spektakuläres. Kostet aber nur 5 Minuten. Weiter gehts in Richtung Dalfazalm. Der Wald spuckt mich auf einem steilen Wiesenhang aus, auf dem sich der felsige Pfad hochwindet. Hier schon sind ordentlich Höhenmeter gemacht. Der Achensee leuchtet grün, kein Lüftchen regt sich dort unten. Auch ich spüre noch nichts von dem Westwind, der im Norden Deutschlands schon für Verwüstungen sorgt. An der Dalfazalm mit eigener Sennerei (1693m) raste ich kurz, trinke eiskaltes Quellwasser und schiebe einen halben Riegel rein. 750hm sind gemacht. Der Prolog schon war schön, aber kein Vergleich zu dem, was noch vor mir liegt.

Man mag von dem Wanderweg zwischen der Dalfazalm und der Erfurter Hütte bzw. der Seilbahnstation halten, was man will, mir gefällt er. Zum einen ist er mit vielen Auf und Abs gut laufbar, mehr aber noch sind es die Überraschungen, die er bereit hält. Mal führt er schmal am Wiesenhang entlang mit freiem Blick hinuter zum Achensee, später verliert er sich in grünen Ecken und Nischen der Natur, wo sich Steinmännchen unter goldgelben Lärchen ducken, die neben grünen Fichten stehen, hinter denen Felspitzen zum Himmel ragen. Ich verweile einen Moment und sauge die Szenerie ein. Ja, dieser Weg ist überlaufen, aber landschaftlich ein Highlight. Zur Erfurter Hütte steigt der Pfad deutlich an, vorher liegt linker Hand ein kleiner See, den man noch umrunden kann.

Nach der Erfurter Hütte (1834m) geht es links in 1 1/2 Stunden zur Hochiss (2299m), und rechts in 2 Stunden auf die Rofanspitze (2259m) und weiter auf verschiedene Kletter-Gipfel, wie Sagzahn und Vorderes Sonnwendjoch. Schatten gibt es ab jetzt keinen mehr, im Hochsommer dürfte es es hier unangenehm heiß werden. Heute aber weht es hier oben, mal stärker, mal weniger stark, aber aufgrund der hohen Temperaturen ist dieses Winderl angenehm. Erstmal fällt mein Blick auf den Gschöllkopf, von dem man wie ein Adler herunterfliegen kann. Ich laufe lieber. Der anfangs noch breite Wanderweg bringt mich in eine weitläufige Senke. An deren Ende wird der Weg steiler und über große Kalksteinfelsen, dem sogenannten Grubasteig, erreiche ich einen Sattel. Dominant baut sich vor mir eine beeindruckte Felswand auf, der Roßkopf, an dem gerne geklettert wird. Weiter geht es über die Grubahochmulden mit der ... ich traue mich schon fast nicht mehr, Grubalacke. Ich komme mit einer Frau ins Gespräch, die schon auf dem Rückweg ist und Fotos von mir macht. Sie war nur kurz auf dem Gipfel, weil es zu windig war, zudem war er überlaufen.

Ich mache mich wieder auf. Die Rofanspitze ist immer noch nicht zu sehen, erstmal muss ich noch über die Grubascharte unterhalb der Grubalackenspitze. In ihrem Schatten liegt am Wegesrand ein verkümmerter Rest Schnee, und weiter unten ist dann Schluß mit Gruba, aber der grüne Grubasee (auch Grubersee) sollte noch erwähnt werden, denn nicht nur die Landschaft hier ist berauschend, auch hübscht sich das Panorama über dem See nochmal auf: Von links nach rechts entdecke ich die Rofanspitze, den Sagzahn und das Vordere Sonnwendjoch.

Unterhalb der Rofanspitze reflektiert eine helle Fäche, und ich frage mich, ob es das Dach einer kleiner Hütte sein könnte. Ein Singeltrail, der sich später verzweigt, zieht sich unterhalb der Roßkopf-Südwände nach oben, nicht sehr steil und gut laufbar. Mir entgegen kommt eine ca. zwanzigköpfige Wandergruppe - der Bus auf der Heimfahrt. Angekommen an einem Abzweiger, der Direttissima zum Gipfel, wähle ich den längeren Weg, der mich direkt an die Kante bringt. Links ragt der Spitz der Hochiss in den Himmel, davor die senkrecht abfallenden Wände des Rofans. Im Norden der Schinder, wo ich genau vor einer Woche war, rechts von ihm der Guffert. Ein sicherer Pfad bringt mich direkt zur Rofanspitze, und was da refektiert hatte, war ein kleines Schneeband. Rasch bin ich den felsigen Gipfelaufbau hochgeklettert und dann erleichtert, gerademal zwei Personen zu sehen. Viel Platz ist auf der Rofanspitze nicht, und ich frage mich, wo diese Wandergruppe von eben hier untergekommen ist. Entgegen meiner Befürchtung weht der Wind nur leicht. Ich lege meinen Trinkrucksack ab und mache es mir auf einem glatten Felsen gemütlich.

Die Erinnerungen von der Hochiss waren es, die mich hierher gelockt haben, um diese Momente nochmal zu erleben, und so zieht die Spitze dort drüben meine Blicke immer wieder magisch an. Blicke, die dem Verlauf der Kante folgen und sich nicht satt sehen können an den steilen Felswänden hinunter, dorthin, wo ich mit Christian auch schon unterwegs war, auf unserer Zireiner-See-Runde. Nicht weniger faszinierend ist der Blick gen Süden, wo sich ein weiterer Zacken in einer zahmen und weitläufigen Landschaft in Pose setzt, der Sagzahn. Hinter ihm das Vordere Sonnwendjoch und noch weiter die schneebedeckten Spitzen der Drei- und Viertausender, ungetrübt wie Perlen aufgereiht. Weil solche Momente die Erinnerungen von morgen sind, weiß ich, dass ich nächstes Jahr wieder hierher kommen werde, wieder hier laufen werde, auf Pfaden und Wanderwegen, voller Erfüllung und Freunde. Nichts drängt zur Eile, und so sitze ich hier und schaue in die Welt.

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Tipp: Der schönste Weg auf die Rofanspitze führt über den Schafsteig - beschrieben hier: Tour über den Krahnsattel. Dazu lauft ihr unterhalb der Rofanspitze auf einen der zahlreichen Querverbindungen - unten oder mittig - in Richtung Sagzahn an die Ostkante des Gebirges. Dort habt ihr tolle Panoramen und könnt auch hinunter zum Zireiner-See gucken. Nahe der Kante geht es dann hinauf, und über einen langgezogenen Kamm lauft ihr leicht ansteigend direkt auf die Rofanspitze zu. Auch hier lohnt es sich, stehenzubleiben und hinunterzuschauen.
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Hier hoch zum Gipfel waren es genau 10km, und so langsam drängt mich die Vorfreude, diese 10km jetzt hinunterlaufen zu dürfen. Frisch gestärkt und ausgeruht mache ich mich auf, laufe wieder den längeren Pfad hinunter, das ganze Hochtal bis zur Grubascharte im Blick. Die tiefer stehende Sonne taucht die Szenerie in leuchtende Herbstfarben und läßt die Konturen der Felswände noch klarer werden. Laufen und Schauen ist mein Motto als Genussläufer. Angekommen an einem Abzweiger mit Wegweisern erinnere ich eine kleine Quelle, die zwar nur tröpfelte, mir jetzt aber doch den Genuss von eiskaltem Wasser möglich macht. Weiter geht es über die felsige Grubastiege hinunter und so langsam nähere ich mich der Erfurter Hütte. Dort fülle ich meine Flasche auf, die noch einen Rest Hafermehl enthält, schiebe mir einen halben Riegel rein und laufe weiter in Richtung Dalfazalm, mit einem Abstecher zu dem kleinen See. Auf dem weiteren Weg kommen mir immer noch ein paar Wanderer entgegen, aber nicht mehr so viele wie heute Mittag. Noch einmal muss ich hier meine Euphorie bremsen, denn zuviel von ihr killt die Konzentration. Auf der Terrasse der Alm ist nichts mehr los, der Wind hat jetzt merklich aufgefrischt. Nochmal ein paar Schlucke aus dem Brunnen, und ich mache mich auf die letzten 4 Kilometer hinunter nach Buchau.

Am Auto angekommen könnte ich mich gleich daneben aufs raschelnde Laub in die Sonne legen. Jetzt, am späten Nachmittag, hat es im Schatten 22 Grad. Auf 950m Höhe. Ich liebe Wetter, wenn es auf solche Art verrückt spielt. Hinter mir liegen 20,6km und 1350hm.

Ich, der Rofanfan, komme wieder. Versprochen!

In the meantime: Duskmourn - Ancient Willow (Lyric Video)

oder Filmchen übers Trailrunning mal anders: Salomon TV - Wonderland

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Blick von der Rofanspitze auf den Sagzahn


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