Trailrunning Tegernsee - 29.12.2015

Winni Mühlbauer - Winter Trailrunning - Tegernsee Gindelalmschneid - Kreuzberg - Saglfleck - Baumgartenschneid - Riedersteinkapelle - 29.12.15


29.12.15
Genau, was ich mir gewünscht habe
Winni

Dachte immer, Weihnachtsstress sei typisch weiblich. Als dann am 24.12., kurz nachdem die Geschäfte geschlossen hatten, mein Router seinen letzten Schnauferer gemacht hatte und ich nicht mehr internet(t)eln konnte, war es vorbei mit meiner Gelassenheit. Warum ich dann an den Feiertagen dauernd herumbasteln musste, von Misserfolg gekrönt, und nicht gleich in die Berge bin, weiß ich nicht. Glücklicherweise hielt sich das Hoch, und so machte ich mich zwei Tage vor Silvester auf, um mich auf meinen Haustrails über Tegernsee-Stadt auszutoben, Ballast abzuwerfen.

(Liebe Claudia, herzliche Grüße aus dieser wunderschönen kleinen Stadt im Herzen Bayerns nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt. Dieses Gedicht ist für dich. Habe es selbst und ganz alleine per copy and paste auf diese Seite gestellt ;-).

Am Tegernsee
Wenn ich allein am Ufer steh, vom wunderschönem Tegernsee,
vergesse ich schnell Raum und Zeit und das Herz wird mir so weit.

Schau ich dann zum Wallberg hin, so kommt es mir jäh in den Sinn,
dahin möcht ich noch hinauf, reißt erst mal der Nebel auf.

Steh ich dann am Berg da oben, wo manchmal raue Winde toben,
fällt es mir ganz plötzlich ein, hier könnt ich leben - glücklich sein.
(Alois Mayer)

Und so kam's, dass ich wiedermal mein Auto um zehne oberhalb des Bahnhofs parkte, an einem Platz, der am längsten in der Sonne ist, ich mein Zeux packte und mich auf den Weg machte. Auf eine Runde, die ich so noch nicht gelaufen bin, weil es auf der Wiesn der Gindelalmschneid entweder metertief sumpfig war, oder meterhohen Schnee hatte. In beiden Fällen hätte ich den Rest der Runde in nassen Socken laufen müssen.

Dass der Himmel heute einen weiteren Tag in Serie strahlendblau war, hat sich bestimmt bis nach Ushuaia rumgesprochen; kann ich mir also sparen, zu erwähnen. Und wiedermal lief ich den reichgeschmückten Bayernweg hoch, von dem mir zu Ohren kam, dass manche Trailrunnerinnen den steilen Anstieg gleich als Auftakt nicht mögen. Ich aber finde, dass man ihn sogar durchziehen kann, was ich auch tue, von ein, zwei Fotostopps abgesehen. Durchlaufen kann man ihn deshalb, weil der Trail mit 3km relativ kurz und gar nicht so steil ist. Und ca. 500hm sind auch nur die Hälfte von 1000hm. Zum anderen ist der oben weiterführende Weg zwischen Neureuth und Gindelalm relativ flach, wo sich die Bergaufmuskulatur schon wieder erholen kann. Wie auch immer, mir geht mein Herz auf, wenn ich da hochsause. Heute auch deshalb, weil die Waldbrandgefahr größer ist als die Gefahr, sich den Arsch abzufrieren. So trocken ist alles hier. Noch frage ich mich, ob ich meine Silvesterrakete am Kreuzberg fernzünden kann.

Keine Überraschung war, dass es auf Sonnenterrasse der Neureuth proppenvoll war. Tegernseer, Urlauber, einfach ois, was Beine hat und in der Sonne sitzen will. Den Blick auf die Teller und in die Gläser erspare ich mir, nuckle Brackwasser durch den Plastikschlauch und schaue in die umliegenden Berge, erlaufene und noch zu erkundende. Ein Stück der finnischen Melodic Dark-Metal-Band Wolfheart erfasst mich und schubst mich auf den Trail in Richtung Gindelalm; wenigstens in den Ohren Wintergefühle. Zur Alm laufe ich heute nicht, sondern biege weit vorher rechts am Beginn der Schneid ab. Der sonst batzige Aufstieg ist heute trocken wie ein in Indien sonnengetrockneter Kuhfladen. Das lässt hoffen. Und in der Tat, der wellige Wiesenbuckel mit Kreuz in der Mitte ist hartgefroren und ohne Schnee und Eis - genau, was ich mir gewünscht habe! Mir gefällt sowas: du rennst über Graswellenkämme mit Blick auf Wendel- und Breitenstein, über dir der stahlblaue Himmel und unten die Gindelalmen im Sonnenlicht. Du bretterst auf den ebenso trockenen Hang zu, der dich hinüber zum Kreuzberg bringt, rennst auch diesen so gut und schnell du kannst hinunter, durch die Senke, und drüben wieder hoch. Und schon stehst du neben der romantischen Kreuzbergalm auf der sonnenlichtdurchfluteten Almwiese.

Hier bereite ich meine bei Prahlmayr teuer erworbene Silvestertagesrakete mit Fernsteuerung vor, bringe sie in Position und laufe zurück in die Senke. Meinen Foto stelle ich auf Serienbilder, dann starte ich die Rakete. Ein lauter Knall, ein heller Schein, und schon saust das Ding in den Himmel. Toll, wie sie abzischt - genau, was ich mir gewünscht habe! Käpt'n Blaubär hätte seine größte Freude daran gehabt.

Noch stehe ich in der Sonne. Der weitere Weg liegt im Schatten und führt um das Kreuzbergköpfl herum. Dieses erhebt sich deutlich zwischen Kreuzberg und Baumgartenschneid und kann auf drei Wegen umrundet werden. Ich wähle den kürzesten rechts herum. Der Trail ist schmal, wild, unaufgeräumt und holprig, und zum ersten Mal begegne ich keiner Menschenseele. An manchen Stellen frage ich mich, ob ich hier richtig bin; hab am Köpfl schon mal einen Ausflug in die unwegsame Botanik gemacht. Dann aber erreiche ich den Saglfleck, von wo der Aufstieg zur Baumgartenschneid beginnt, ein feiner Trail, den ich schon ein paar Mal runter-, aber nie hochgelaufen bin. So spannend es bergab geht, so spannend geht es auch hinauf, und das nicht zu kurz. Eine Weile später ahne ich blauen Himmel über mir und freue mich auf das letzte Stückerl in der Sonne. Drei Mountainbiker schleppen ihre teilweise mit Fahrhilfen ausgestattenen Rollatoren ... äh Mountain-E-Bikes den letzten steilen Anstieg zum Gipfel hoch. Später sehe ich dann eine Dame von denen rauchen. Am Gipfel weht ein eiskalter Wind. Erst zu Hause habe ich an den Daten der Foto-Webcam des Wallbergs gesehen, dass die Temperaturen schon ab 13 Uhr deutlich am Fallen waren. Waren es um 9 Uhr noch 9 Grad, betrugen sie um 14 Uhr nur noch 4 Grad. Da die Sonne meist ihre Kraft erst am Nachmittag richtig entfalten kann, ist es bei stabilem Wetter andersherum. Ein Wetterwechsel also bahnt sich an.

Erst ein Ratsch, dann das Leeren meines Fläschchen mit Hafermehl, dem ich heute BCAAs mit künstlichem Orangengeschmack beigemischt habe, hält mich dann doch ein wenig zu lang auf. Als ich die Baumgartenschneid hinunterlaufe, friert es mich ordentlich an den Pfoten. Auch diesen Trail hinunter kenne ich nur vom Hochlaufen, und auch der macht hinunter einen riesen Spaß. Bald lande ich an der Riedersteinkapelle. Klack, ein Foto, und weiter gehts zum Berggasthaus am Galaun. Ein Stück davor treffe ich ein lustiges aber völlig zerknirschtes junges Pärchen. Ich hatte sie gefragt, ob das Gasthaus geöffnet hat, und sie schütteln den Kopf und sagen, Dienstag geschlossen. Sie hatten sich darauf gefreut, dort einzukehren und den Nachmittag in der Sonne zu genießen. Wie gelähmt standen sie vor mir und wußten nicht, was tun. Riedersteinkapelle ... ja, schöner Ausblick, kennen wir schon, dort aber gibt es kein Weißbier und keinen Braten. Eine Kneipe wäre jetzt recht, seufzte die sympathische Blondine und lachte. Wenn die wüßte, was mein heutiges Motto ist.

Auf die Terrasse knallte die Nachmittagssonne, zudem war es windstill. Ein feines Plätzchen, um mich umzuziehen und die Hände zu wärmen. In trockenen Klamotten laufe ich wieder los, in den Wald hinein, biege bald links auf den Leebergtrail und genieße das schräg durch die Bäume hindurch einfallende Licht. Immer wieder flimmert das Blau des Tegernsees herauf und beflügelt mich auf meinem Downhill - wenn das mal kein Flow ist! Bald laufe auf die Schießstätte zu, neben der es auf einer Kunsteisbahn wuselt. Jung und alt sausen hier herum, wie es ihnen gefällt, meist in blauen oder gelben Anoraks. Einen Moment verweile ich, dann aber wird mir richtig kalt. Wer den Parkplatz Schießstätte vom Sommer her kennt oder den Prinzenweg entlang des Alpbachs, der weiß, wie kühl es hier meist ist. Ich laufe auf der linken Seite die steile Schützenstraße hinunter und muss aufpassen, dass ich auf der reifbedeckten Straße nicht ins Schleudern komme. Ein Schild, Schneeketten empfohlen - für 500 Meter Straße -, sagt schon alles. Wohnen möchte ich in dieser Ecke nicht. Im Frühling bin ich heute morgen los und lande nach 4,5 Stunden im Winter. Der aber hat sich schon wieder verzogen, als ich am Auto ankomme. Die Sonne schickt ihren letzten Strahlen über den Ochsenkamp und wärmt mich beim Umziehen - genau, was ich mir gewünscht habe!

All' meine Trailrunner-Wünsche sind am Jahresende auf dieser Runde in meinen Hausbergen in Erfüllung gegangen, auf diesen 15km und 950 Höhenmetern.

Euch allen: a goods nice

Bis zum nächsten Mal.
In the meantime: Reckless Kelly "Weatherbeaten Soul"

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Blick von der Gindelalmschneid 29.12.2015


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