Trailrunning - Seekarkreuz - 5.12.15

Trailrunning - Seekarkreuz - Nikolaustag


5.12.16
Zum Tengelmann
Winni + Christian

Ein Stückchen durch den Schnee, dann den kurzen knackigen Anstieg zum Gipfel hoch, und schon stehen wir in der wärmenden Nikolaus-Sonne auf dem Seekarkreuz (1601m) oberhalb der Lenggrieser-Hütte. Der Blick in alle vier Himmelsrichtungen ist phantastisch, ein leises Lüftchen weht. Gar nicht leise, aber ulkig, ist der Franke, der wohl schon auf uns gewartet hatte, um uns die Bergwelt und seine euphorische Stimmung heute auf fränkisch mitzuteilen. Kabarett aus Franken ist langweilig dagegen. Wie sagte Christian gleich wieder: Als öffnete man ein Bilderbuch, schüttelt ein wenig, und heraus fällt der Franke. Glücklich und zufrieden ist er wie wir, die es kaum fassen können, am 5.12.15 ohne zu frösteln auf einem Gipfel zu stehen, unter blauem Himmel in glasklarer Luft. Wo wir dann noch hinlaufen, wollte er wissen, und ich antwortete: Zum Tengelmann.

Der Weg zum Seekarkreuz zieht sich für Wanderer etwas in die Länge. Uns war er nicht lang genug, weshalb wir mitten im Ort gestartet sind und Hatscher in Kauf genommen haben. Vorbei an alten und neu gebauten schicken Bauernhäusern laufen wir aus dem Dorf hinaus, erreichen bald einen Höhenrücken, der uns auf einem kurzen Trail zum Schloss Hohenburg führt, dem eigentlich Ausgangspunkt für diese Tour. Weiter geht's zum Schlossweiher, der am Ende des auslaufenden Bergrückens vom Geierstein in einer Mulde ruht. Obwohl es auf Mittag zu geht, ist die Luft hier unten immer noch kühl, der Himmel dafür strahlend blau. Nach diesem kurzen bewaldeten Ausläufer liegt nochmal ein ziemlicher Hatscher vor uns, immerhin in der Sonne, ehe wir endlich nach einem Viehgatter auf dem Grasleitensteig landen und das Trampelpfadlaufen beginnen kann. Und das Schwitzen. Je höher wir kommen, desto wärmer wird es. Der Trail ist Klasse, und ich freue mich schon darauf, ihn hinunterzulaufen. Noch immer im Schatten gewinnen wir rasch an Höhe und erreichen die Lenggrieser-Hütte und die ersten großen Schneefelder.

Die Temperaturen am Nikolaustag um 16:00 Uhr - Lenggrieser-Hütte auf 1338m Höhe

Die Hütte ist geschlossen, dafür liegt ein Teil der Terrasse in der Mittagssonne. Ein junges Pärchen sitzt da, vor sich die Wanderkarte ausgebreitet. Die junge Dame trägt ein Top mit Spaghettiträger, er einen Kopf ohne Haare. Auf den Gipfel wollen sie nicht. Sie bieten uns Platz an, wir aber lehnen dankend ab und stehen lieber in der Sonne, nicht das unsere Beine noch auf die Idee kommen, faul werden zu dürfen. Christian und ich ratschen über dies und das, wie wir das oft machen, blicken hoch zum grünen Gipfel, und dann genügt auch schon ein Blick und weiter geht die Sause. Kurz durch den Schnee und dann in den Wald hinein. Und wieder bringt uns ein trockener wurzeliger Trail weiter nach oben. Leider ist der viel zu kurz. Schon spuckt uns der Wald wieder aus und wir landen direkt auf einem Schneefeld. Von Spur zu Spur gehüpft geht es bald wieder trockenen Fußes einen grasigen Rücken hoch, und in wenigen Minuten erreichen wir das Gipfelkreuz nebst dem Franken, der bei Regen losgefahren und jetzt vor lauter Sonne, Fernblick und Windstille ganz aus dem Häuschen ist. Nach einer ganzen Weile setzt er seine Mütze auf und verläßt uns - endlich allein.

Christian mag sich gar nicht vom Gipfel trennen, mir aber wird nach einer halben Stunde dann doch kühl, und so machen wir uns auf ins Tal. Wir blicken nach rechts unten. Dort liegt Lenggries, noch immer in der Sonne. Das Isartal ist hier breit und verläuft von Süd nach Nord, da hat man auch im Winter lang Sonne. Wenn sie denn scheint. Heute und auch schon die letzten Tage macht sie das aus voller Kraft. Mit stacksigen Beinen geht's den Gipfelhang hinunter; noch kalt ist die Muskulatur nicht im Downhill-Modus. Christian schlägt vor, einen anderen Abstieg zu wählen, und so laufen wir im kaum gespurten Schnee ein Stück geradeaus weiter. Der Blick auf den weiteren Verlauf um eine Kurve herum gefällt mir nicht, da ich nicht einschätzen kann, was dann folgt, und so machen wir uns auf den Weg, den wir heraufgekommen sind. Und das war gut so. Denn der trockene Trail hinunter zur Lenggrieser-Hütte und der dann folgende, waren richtig gut zu laufen, meist auch sehr schnell. Das ist es doch, worum es bei der Trailrennerei auch geht: Sich mit einem souligen Downhill zu belohnen für einen nicht minder schönen, aber meist anstrengenden Anstieg - neben dem Genuss, den die Schönheit der Natur dem anbietet, der das Angebot zu schätzen weiß.

"Aus der Genussperspektive statt der Pflichtperspektive verändert sich die Kraft, die uns Sinn gibt,
und wir können sogar in Krisensituationen unsere Fähigkeit genießen, damit umzugehen. [...]
Für Genussfähigkeit brauchen wir wie für die Sinnfragen Zeit, Raum und Muße. Doch selbst im
härtesten Alltag können genussvolle Rituale uns an das Wohlgefühl erinnern, das Erleben guter
Momente intensivieren und ihre Häufigkeit erhöhen."

Quelle: focus.de - Die Energiequellen Ihrer inneren Stärke: Genussfähigkeit Nur wer genießen kann, kann sich motivieren

Am Ende des Grasleitensteigs rutsche ich beim Abbremsen auf einem glatten Stein aus und knalle mit dem rechten Knie gegen einen Felsen. Kann es sein, dass mich der Franke, der hier eine Rast eingelegt hatte und schon mit Christian plauderte, erschreckt hat? Oder hebe ich beim Abbremsen meine Füße nicht richtig? Jedenfalls habe ich öfters kleinere Stolperer, kurz bevor ich zum Stehen komme. Und was lernt man daraus? Dass es Trailrunning heißt und nicht Trailbremsen. Jetzt heißt es: in Bewegung bleiben und Zähne zusammenbeißen. Nach wenigen Minuten läßt der Schmerz nach, und aus dem langen Hatscher im Tal wird ein rhythmischer flotter Lauf. Wir umrunden noch den kleinen Schlossweiher und landen unseren heutigen emotionalen Höhenflug nach 16,5km und 963 Höhenmetern sicher im Ortskern von Lenggries - auf dem Parkplatz vom Tengelmann.


Bis zum nächsten Mal.
In the meantime: Zane Williams- Jayton and Jill

Trailrunnng - Lenggries - Seekar - 5.12.15

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Seekarkreuz - Lenggrieser-Hütte - 5.12.15

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Blick vom Seekar - 5.12.15


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